Rezension

Moral auf dem Prüfstand

Last Runaway (Special edition) - Tracy Chevalier

Last Runaway (Special edition)
von Tracy Chevalier

Bewertet mit 5 Sternen

Man soll, man muss, müßte, sollte... Ideale sind so lange leichtes Kapital, wie niemand von einem verlangt, sie in die Tat umzusetzen. Erst dann, wie man am Fall der mutigen Tugce A. gesehen hat (Dezember 2014), wird offenbar, was sie wert sind. Halten sie stand, wenn ihre Umsetzung ein Opfer verlangt oder einen in einen Gewissenskonflikt stürzt?

Diesbezüglich wartet Tracy Chevalier im Sektor Unterhaltung mit einer nachvollziehbaren Geschichte auf, aufgewertet durch historische Details aus dem Quäkerleben und zudem mit der Geschichte der Sklaverei der Süd- und Nordstaaten des 19. Jahrhunderts verwoben.

Was ich an dem Buch schätzte, war, neben seiner klaren Sprache, wie die Autorin den klassischen Gewissenskonflikt zwischen der Theorie ethischer Einsichten und der Praxis pragmatischen Lebens entwickelt und ihre Story ideenreich mit vielerlei liebenswerten Eigenschaften ihrer Helden anfüllt.

Dass alle Menschen gleich viel wert sind, lässt sich eben leicht propagieren, wenn man es selbst nie mit einer Minderheit zu tun bekommen hat. Was soll Honor aber nun tun, angesichts der Sklaverei, die die Quäker in ihrer neuen Familie nur theoretisch verurteilen, sich praktisch aber lieber raushalten und das aus guten Gründen? Wem gegenüber soll sie loyal sein? Der Familie, der Gesellschaft, sich selbst, Gott? Und was sind die Folgen?

Erzählt wird eindimensional aus der Sicht der jungen Quäkerin, dadurch werden manche anderen Figuren nicht vielschichtig oder tiefgründig genug angelegt, so dass man die Bösewichte einfach hinnehmen muss, ohne sie ergründen zu können.

Fazit: Leicht zu lesender englischer Roman, der dennoch dazu geeignet ist, eigene, analoge Standpunkte auf den Prüfstein zu legen.

Kategorie: Unterhaltung// Velag Harper, London