Rezension

Mord, Pflegenotstand und Robotik

Inspektor Takeda und die stille Schuld -

Inspektor Takeda und die stille Schuld
von Henrik Siebold

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der Japaner Ken Takeda ist im Rahmen eines polizeilichen Austauschprogramms in Deutschland und ermittelt hier zusammen mit einem Deutschen Team. Bei einem Brand in einer Seniorenresidenz gibt es schnell Hinweise auf ein Verbrechen - und nach ersten Ergebnissen in verschiedenen Richtungen weist alles darauf hin, dass die Anschläge mit dem neu eingesetzten Pflegeroboter Lisa und ihrem "Vater" Dr. Nakamura in Verbindung stehen ...

Mit "Inspektor Takeda und die stille Schuld" legt der deutsche Autor Henrik Siebold bereits den fünften Bank um den japanischen Ermittler Ken Takeda vor und ich kann mich nur wundern, diese besondere Krimi-Reihe erst jetzt entdeckt zu haben!

Deutlich kommt zum Ausdruck, dass Siebold ein Kenner Japans ist und viele seiner Erfahrungen und Erlebnisse in die Handlung einfließen lässt:
Ken Takeda, der während eines behördlichen Austauschprogrammes in Deutschland weilt, spricht zwar perfekt Deutsch und hat sich in vielen Dingen gut an seine Deutsche Umgebung angepasst, doch er pflegt seine Traditionen (sehr schön beschrieben: die Tee-Zeremonie) und besitzt einen interessanten Blick auf Deutschland und macht sich über vieles Gedanken und zieht Vergleiche zu seiner Heimat. Beispielsweise stellt er sich die Frage, warum es in Deutschland kaum öffentliche Toiletten gibt und ob die Deutschen wohl weniger "müssen" müssen....
Diese Einblicke in die japanische Welt schätze ich sehr und vieles hat durchaus zum Nachdenken angeregt!

Neben diesen Aspekten der japanischen Kultur bleibt jedoch der zugrunde liegende Krimi durchaus spannend; die große Spannungskurve findet in einer einigermaßen überraschenden, aber absolut schlüssigen Aufklärung ihren Höhepunkt. Ergänzt wird das Ganze durch ein sehr interessantes Nachwort des Autors, der die zugrundelegenden Fakten auf erschütternde Weise verdeutlicht.

Die Haupt-Figuren sind gut ausgearbeitet und authentisch. Takedas Liebe zum Saxophon und der Jazz-Musik bieten nette Einschübe und bilden eine schöne Begleitmusik; die angesprochenen Stücke sind dabei aber wohl eher etwas für Kenner der Materie.
Allerdings finde ich die Einstellung der deutschen Ermittlerin Claudia Harms zur Liebe und ihre schwierige "Beziehung" zu Takeda einigermaßen schade: ein etwas frustrierender Aspekt, dem realtiv viel Raum eingeräumt wird.
Nebenfiguren - außer dem charismatischen, aber doch sehr exotischen Nakamura bleiben eher oberflächlich.

Schauplatz der Handlung ist Hamburg, und diese beliebte wunderschöne Stadt nimmt einen besonderen Platz in der Handlung ein, wenn immer wieder Gastronomie, Gebäude, Straßenzüge oder ähnliches harmonisch in die Handlung eingebunden sind. So erhielt ich ganz nebenbei schöne Tipps für meinen nächsten Besuch in der Hansestadt.

Henrik Siebold greift in diesem Krimi ein sehr aktuelles Thema auf: Die Pflege von den immer zahlreicher werdenden Pflegebedürftigen / Senioren in Deutschland, ihre Bedürfnisse und die Überforderung der schlecht bezahlten Pflegekräfte. Die Möglichkeit einer Unterstützung durch Pflegeroboter (die im wahren Leben noch eine Utopie ist) wird schon in der Handlung überaus kontrovers diskutiert und wird auch in der Realität zukünftig einiges an Konfliktpotential aufweisen - ein überaus spannendes Thema! Neben dem Einsatz von Robotik allgemein ist natürlich auch die Frage der "Schuld" von besonderer Bedeutung, wenn Personen zu Schaden kommen sowie von Ethik und Moral.

Spannung, Einblicke in die japanische Kultur und Thema konnten mich vollauf begeistern und ich kann diesen Kriminalroman nur wärmstens empfehlen!