Rezension

Nicht überzeugend

Mädelsabend - Anne Gesthuysen

Mädelsabend
von Anne Gesthuysen

Bewertet mit 3 Sternen

Seit kurzer Zeit wohnen Ruth und Walter van Rennings auf Burg Winnenthal im betreuten Wohnen. Wo Ruth in ihrem hohen Alter nochmal richtig aufblüht, fühlt sich Walter fremd. Zunehmend klammert er sich an seine Frau, die wiederum endlich ein wenig Freiheit genießen will. Sie blickt zurück auf 65 Ehejahre, die für Ruth mehr von Verzicht als von Glück geprägt waren. Ihre Enkelin Sara kümmert sich, sooft es ihre Zeit zulässt, um die beiden alten Herrschaften. Sara hat ein inniges Verhältnis zu ihren Großeltern, nimmt jedoch deren Spannung befremdlich zur Kenntnis. Als sie selbst vor der Entscheidung steht, sich beruflich zu profilieren oder bei ihrer Familie zu bleiben, muss sie entscheiden, welchen Preis sie für ihre Selbstverwirklichung zu zahlen bereit ist.

Anne Gesthuysens Roman spielt wieder am Niederrhein. Er erzählt vornehmlich die Geschichte von Ruth, die im hohen Alter mit ihrem Mann ins betreute Wohnen zieht. Endlich kann sie ungezwungen soziale Kontakte knüpfen und tritt dem Singkreis der Senioren bei. Ihr Mann Walter beäugt ihr Tun argwöhnisch und versucht seiner Frau den Umgang zu verbieten. In Rückblenden erfahren wir einiges über das Eheleben der beiden. Ruth kommt aus einer angesehenen Familie. Von Beginn an steht ihre Ehe unter keinem guten Stern. Schon beim ersten Treffen erscheint Walter nicht. Das sie dennoch zusammenkommen, bleibt für mich wenig nachvollziehbar. Meiner Meinung nach haben sie wenig gemeinsam, zudem hatte ich zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, als wäre einer der beiden in den anderen verliebt. Gerade Ruth, die als hübsch beschrieben wird, zudem auch gut situiert, hätte sicher jemand anderen finden können. Warum sie den erst Besten nimmt, ist mit nicht deutlich geworden. Die Ehe ist lieblos und Ruth leidet unter dem patriarchalischen Schwiegervater, der ein strenges Regiment führt, dem sich jeder unterzuordnen hat. Die Jahre vergehen und Ruth wird Zusehens zu einer folgsamen Frau. Bis sie in das Seniorenheim kommt und Freunde findet.

Auf der anderen Seite steht ihre Enkelin Sara, die als Ärztin in der Welt herumgekommen ist. Nun lebt sie mit ihrem Lebensgefährten und ihrem einjährigen Sohn zusammen, Ihre Karriere liegt zur Zeit auf Eis. Bis sie das Angebot erhält an einer Studie teilzunehmen. Sie ist unsicher, wie sie sich entscheiden soll, denn wenn sie annimmt, würde ihr Familienleben darunter leiden.

Leider konnte ich mit den Figuren im Roman sowie mit der gesamten Geschichte nicht warm werden. Mir fehlte gerade bei Ruth der Hintergrund, warum sie so handelt und sich alles gefallen lässt, obwohl sie scheinbar viel selbstbewusster erzogen wurde. Mir ist bewusst, dass es diese Art von Ehen häufig gab, dennoch passt es nicht zu der Figur der Ruth. Ebenso verhält es sich mit Sara. Sie blieb für mich nichtssagend. Zudem hatte ich auch bei ihr das Gefühl, sie ordnet sich schnell unter. Mir fehlten die Argumente, die Debatten. Ihr Lebensgefährte findet ihre Karriereambitionen nicht gut, aber es findet keine Diskussion oder klärendes Gespräch statt. Er sagt seine Meinung und basta. Auch zwischen Ruth und ihrer Enkelin kommt es zu keinem bedeutenden Gespräch. Jeder bleibt für sich. Das ist mir alles zu einfach gestrickt und nimmt den Figuren meiner Ansicht nach jegliche Spannung.

Schon am Anfang des Buches fand ich nur schwerlich in die Geschichte hinein. Die Erzählung konnte mich nicht packen. Ich habe auf etwas gewartet, was mich in die Geschichte zieht. Da kam leider nichts. Es ist definitiv kein Buch über starke Frauen oder Selbstbestimmtheit. Die Figuren bleiben blass. Ich hätte mir mehr Auseinandersetzungen gewünscht, nicht nur Hinnahme.