Rezension

Nichts für zarte Seelen

Macht
von Karen Duve

Bewertet mit 3 Sternen

Der neueste Roman der Hamburger Autorin sorgt sicherlich für Diskussionen. Er spielt in nicht allzu ferner Zukunft, im Jahr 2031 in einem Hamburger Vorort. Die Klimakatastrophe wird in wenigen Jahren zum Ende der Welt führen. Unerträgliche Hitzeperioden, heftige Stürme  und pausenlose Regenphasen wechseln sich ab. In Deutschland gibt es den Staatsfeminismus, Staatsform ist die kontrollierte Demokratie. Eine Verjüngungspille namens Ephebo hat die Medizin revolutioniert. Der Protagonist und Ich-Erzähler Sebastian Bürger ist ein ehemaliger Aktivist, der lange Jahre gegen Umweltverschmutzung und für Gleichberechtigung gekämpft hat. Angesichts des nahen Weltuntergangs erkennt er, dass alles umsonst war. Er macht eine Umkehr um 360° und nimmt sich skrupellos und machthungrig jede Freiheit heraus. Vor allem aber hält er seit zwei Jahren seine Frau im Keller gefangen.

In diesem wohl satirisch gemeinten Roman widmet sich die Autorin einem ernsten, ihrem Lebensthema, dem Klimakollaps. Wie die Welt schon in 15 Jahren aussehen soll, ist wirklich interessant zu lesen und ist überhaupt nicht realitätsfern. Doch musste als Protagonist wirklich solch ein totaler Antiheld wie Sebastian Bürger eingeführt werden? Ich meine nein. Er ist ein Sadist und Psychopath der übelsten Sorte. Unentwegt schwadroniert er über den Staatsfeminismus als Ursache des Übels. Dabei sind es doch die Männer, die schon vorher zugunsten persönlicher Profitgier die Ressourcen der Erde ausgebeutet haben. Auf Sebastian bezieht sich der Buchtitel. Er übt allerroheste Gewalt über seine Frau aus. Außer ihm gibt es auch sonst keine Sympathieträger unter den männlichen Romanfiguren. Ein Rocker, zugleich rechtsradikaler Antifeminist, der Flüchtlinge aus Afrika verhaut, und Sebastians Bruder, der Mitglied einer obskuren fundamentalistischen Sekte ist, stoßen mich jedenfalls ab.

Angesichts sich durch das gesamte Buch ziehender Gewaltszenarien ist das Buch zart besaiteten Lesern nicht zu empfehlen.