Rezension

"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!"

Dreieinhalb Stunden -

Dreieinhalb Stunden
von Robert Krause

Bewertet mit 5 Sternen

"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!"  DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961

Es ist Sonntag, der 13. August 1961.
In München steht der Interzonenzug D-151 bereit zur Fahrt nach Ost-Berlin. Es sind etliche Menschen darunter, die wieder zurückfahren in die DDR. Da ist Gerd und Marlis mit den beiden Kindern Elke und WIlli. In einer Stunde fährt der Zug zurück. Marlis kämpft m it sich. Soll sie ihrem Mann von der verschlüsselten Botschaft erzählen, die ihr Vater Paul, Offizier bei der Berliner Volkspolizei, ihr zukommen ließ. Wenn sie das tat, war sie sich sicher, würde Gerd im Westen bleiben. Währenddessen versah der Vater Paul in Berlin Dienst. Wenn er doch Marlis fragen könnte? Hoffentlich kam sie zurück.
Das ältere Ehepaar Ernst und Anna war in München, um die Urne von Annas Bruder zu holen. Sein letzter Wunsch: Begrabt mein Herz in Dresden. Zu all dem vielen Gepäck nahm ihr Mann auch noch das kaputte Kofferradio mit. Dies wird eine entscheidende Rolle auf der Fahrt spielen. Waren sie wirklich bereit zu fahren? Anna hofft immer noch auf Einsicht ihres Mannes. Auf dem Gleis gegenüber stand ein Zug nach Garmisch. Nur ein Seitenwechsel und sie könnten ihren Sohn wiedersehen.
Und die Uhr tickt, die Zeiger rücken unaufhaltsam auf die Abfahrt hin.
Ein Blick auf die Uhr in der Pension. Clarra, die Sängerin und ihre drei Bandkollegen, was würde passieren, wenn sie den Zug verpassten? Ärger war dann mehr als vorprogrammiert.
Neben weiteren Personen spielt auch die Lokomotivführerin Edith im Osten eine Rolle. Sie wird den Interzonenzug an der Grenze übernehmen. Ausgerechnet heute hat sie einen Begleiter dabei, Kurt. Dieser soll eine Dokumentation über sie machen. Wie wird Edith sich entscheiden?
Jede der hier genannten Personen sind so authentisch beschrieben, dass man sie sich gut vorstellen kann.

Wie würden sich die Menschen entscheiden in der verbleibenden Zeit, bis der Zug die Grenze erreicht hat und sich endgültig hinter ihnen schließt? Welche Geheimnisse werden noch ans Tageslicht kommen?

Ich brauchte nicht lange zu überlegen, um dieses Buch lesen zu wollen.
Der Tag des Mauerbaus, der 13. August 1961. Nur wenige Tage zuvor waren meine Eltern, mein Bruder und ich von einem Familienbesuch aus dem Ostsektor Berlins wieder zurück nach Niedersachsen gefahren. Mein Onkel hatte darauf bestanden mit dem Hinweis, es wäre zu unserer Sicherheit. Je älter und erwachsener ich wurde, umso mehr bestätigte sich dann auch einiges.

Der Autor Robert Krause hat mit "Dreieinhalb Stunden - Dreieinhalb Stunden: Wie entscheidest du dich?" einen packenden Roman geschrieben. Es ist ein Stück Zeitgeschichte.
Wenn meine Mutter nicht 1949 von Ost-Berlin in den Westen gegangen wäre, was wäre dann? Auch wenn ich im Westen aufgewachsen bin, habe ich mein Leben lang hinter die Mauer, auch nach dem Mauerfall, geschaut. Die Verwandtschaft lebte halt dort. So hat das Buch  ziemlich viele Erinnerungen in mir wachgerufen, denn irgendwie ist es selbst ein Stück Geschichte von Mir, meiner Familie, meiner Verwandtschaft – irgendwie. Es ist ein Buch, was mich von Beginn an wirklich gefesselt hat. Es berührt und ist absolut lesenswert.
Ich würde mir wünschen, dass viele, auch junge Leute, das Buch lesen. Es ist ein Stück deutsche Geschichte.
Die Verfilmung kommt am 7. August 2021 im freien Fernsehen.