Rezension

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Niemand kann es gewesen sein

Heilige Mörderin
von Keigo Higashino

Bewertet mit 3.5 Sternen

Auf den ersten Blick ist ein perfekter Mord geschehen: Der erfolgreiche Unternehmer Mashiba liegt tot in seinem Wohnzimmer. Kurz zuvor hatte er von seiner Frau die Scheidung verlangt. Nach dem Tod ihres Mannes fällt der Verdacht sofort auf die schöne Ayane, die aber zum Zeitpunkt des Mordes verreist war. Wer hat also das Kaffeewasser mit Arsen vergiftet? Die Polizei tappt im Dunkeln. Ohne Kusanagis Wissen bittet seine junge Assistentin Utsumi den genialen Physiker Yukawa um Hilfe. Aber auch für das Superhirn scheint das Verbrechen nicht auflösbar zu sein. Zunächst jedenfalls.

Aus einer anderen Welt - so erscheint dieser Krimi. Er ist so ganz anders als alles, was man aus den klassischen europäischen Krimiländern einschließlich Amerika kennt.
Das Buch kommt ganz ohne temporeiche Szenen oder Action-Passagen aus, stattdessen reiht sich ein Dialog an den andern. Das macht es zwar ruhig, aber dennoch spannend.

Trotzdem muss man sich von seiner gewohnten Definition von „Spannung“ verabschieden. Es geht auch nicht darum, dass der Mörder am Ende als Überraschung präsentiert wird. Dem Leser ist er bekannt und dennoch kann man der Ermittlung und Auflösung mit Interesse folgen.
Denn: Wie ist es gelungen, einen scheinbar perfekten Mord zu begehen?

Von Anfang an kommen nur zwei Personen als Täter in Betracht: Ehefrau Ayane und Geliebte Hiromi. Während Kusanagi, der Ermittlungsleiter, eher zu Hiromi tendiert, hat seine Assistentin Utsumi die Ehefrau im Auge. Dagegen wehrt sich Kusanagi, dem die schöne Frau sehr gefällt.
Mashiba wurde mit Arsen vergiftet, das er mit Kaffee zu sich genommen hat. Hat er nicht seinen Kaffee immer mit Mineralwasser zubereitet? Seltsamerweise finden sich keine Spuren in den Wasserflaschen, dafür im Kessel. Aber im Leitungswasser findet sich auch nichts. Hat also jemand das Arsen in den Wasserkessel geschüttet? Aber wer und wann?

Was man in Krimis aus dem westlichen Kulturkreis sicher so nie lesen wird: Den vollendet höflichen Umgang der Ermittler mit den Zeugen und Verdächtigen. Man entschuldigt sich für die Belästigung, man bedankt sich mehrmals für die Aussage, Verbeugung inbegriffen, und leistet auch noch private Gefälligkeiten.
Vom Privatleben der Polizisten erfährt man nichts außer dass Kusanagi nicht verheiratet ist. Und dass Utsumi häufig von ihrer Mutter (warum?) angerufen wird. Insofern ist es egal, dass ich in meiner Bücherei nur diesen, den 2. Band der Reihe, fand.

Wie das Gift in Mashibas Kaffee kam: Ich habe es nicht begriffen. Vielleicht muss man dazu Klempner sein. Oder die Besonderheiten japanischer Wasserzuläufe kennen.

Besonders glaubwürdig schien mir die Auflösung nicht. Eine Frau, die ein Jahr lang den Wasserhahn in der Küche bewacht, damit sich niemand vergiftet ---?Außerdem frage ich mich, warum es auf S. 8 heißt: "Sie dachte an das weiße Pulver, … Anscheinend würde ihr nichts anderes übrigbleiben als es zu benutzen.“ Das Pulver befindet sich doch bereits seit einem Jahr in der Leitung.

Der Krimi gefiel mir sehr, wenn ich auch wegen der Ungereimtheiten nicht die volle Punktzahl gebe. Aber ich werde auf jeden Fall nach den anderen Büchern des Autors Ausschau halten. Die, wenn man den Rezensionen und Krimi-Couch glauben kann, noch besser sind als dieser Band.