Rezension

Nordirland, Mitte der achtziger Jahre

Die verlorenen Schwestern - Adrian McKinty

Die verlorenen Schwestern
von Adrian McKinty

Die Thriller aus der Sean Duffy-Reihe des Autors Adrian Mc Kinty, geboren und aufgewachsen in Carrickfergus, zeichnen sich dadurch aus, dass der Autor konkrete Ereignisse des Nordirlandkonflikts in den Plot einarbeitet und so die authentische Atmosphäre Belfasts vermittelt. Und das gelingt ihm auch in „Die verlorenen Schwestern“ wie immer ganz hervorragend.

Sean Duffy ist beurlaubt. Kein Inspektor mehr, sondern wieder einfacher Streifenpolizist (vgl. dazu „Die Sirenen von Belfast“). Den Frust über die Suspendierung von der RUC betäubt er mit jeder Menge Alkohol und dem einen oder anderen Joint, Computerspielen und natürlich dem üblichen Progressive Rock. Ein deprimierendes Leben für einen engagierten Polizisten.

Das Blatt scheint sich zu wenden, als der britische Geheimdienst seine Hilfe benötigt, denn unter den aus dem Hochsicherheitsgefängnis The Maze entflohenen politischen Häftlingen ist auch der ehemaliger Schulfreund Duffys, Dermot McCann. Er ist ein Sprengstoffexperte, weshalb beim MI5 sämtliche Alarmglocken läuten. Seinen Aufenthaltsort kennt niemand, aber Duffy könnte es mit seinen Verbindungen aus der gemeinsamen Vergangenheit herausbekommen. Dafür verspricht man ihm die Säuberung seiner Akte und die Rückkehr in den aktiven Dienst. Er willigt ein und startet die Ermittlungen.

McCanns Schwiegermutter könnte und würde Sean Duffy einen Tipp bezüglich McCanns Aufenthaltsort geben, wenn, ja wenn er einen Cold Case lösen würde. Es geht um den nicht aufgeklärten Mord an ihrer Tochter, deren Leiche vor vier Jahren in einem Pub gefunden wurde, wobei die Türen damals von innen verschlossen waren…

In „Die verlorenen Schwestern“ wagt McKinty ein Experiment und verbindet einen Politthriller mit dem klassischen Motiv des herkömmlichen Kriminalromans, dem  „locked room mystery“. Und es funktioniert. Spannend von Anfang bis Ende führt der Autor seine Leser in das Alltagsleben während der gewalttätigen Auseinandersetzungen in Nordirland, wo man vor dem Einsteigen zuerst den Unterboden des PKWs kontrolliert – es könnte ja eine Sprengladung angebracht worden sein.

Allerdings empfehle ich zum besseren Verständnis die Lektüre der beiden Vorgängerbände, zum anderen sollte man sich vor der Lesen wenigstens in Grundzügen mit der politischen Situation während der „Troubles“ in Nordirland vertraut machen, um das Gelesene besser verstehen und sich eine eigene Meinung zu den Geschehnissen bilden zu können. Denn natürlich kann McKinty, auch wenn er diese Zeit selbst erlebt hat, die Ereignisse nur aus seiner subjektiven Sicht schildern und bewerten.

Ursprünglich als Trilogie geplant, gibt es im Original mittlerweile schon den vierten Thriller mit Sean Duffy zu lesen – und ich hoffe, es werden noch mehr!