Rezension

„Ohne Familie zittert der Mensch, allein auf der Welt, vor Kälte.“ (Andre Maurois)

Das Flüstern des roten Ahorns -

Das Flüstern des roten Ahorns
von Kate Dakota

Bewertet mit 4 Sternen

Sechs lange Jahre hat Musikstudentin Hannah ihre Heimat Quesnel im kanadischen British Columbia nicht mehr betreten, seitdem ihr Vater und ihre Großmutter Dora sie und ihre Mutter aus dem Haus gejagt haben. Als sie in ihren Semesterferien per Telefonat von Doras Unfall erfährt, entschließt sich Hannah, endlich nach Hause zurückzukehren, um nicht nur ihre Großmutter in deren Pension zu unterstützen, sondern auch endlich reinen Tisch zu machen und die mysteriösen Umstände zu erfahren, unter denen die Ehe ihrer Eltern damals zerbrach und sie mit ihrer Mutter in einer Nacht-und-Nebel-Aktion das Haus verlassen musste. Dora ist nicht gerade erfreut, als Hannah bei ihr auf der Matte steht, doch kann sie wegen ihrem gebrochenen Arm nicht auf deren Hilfe verzichten. Obwohl Dora von ihren Nachbarn Nathan und Sally unterstützt wird, kann sie jede helfende Hand gebrauchen und Hannah lässt sich auch nicht abweisen. Während Hannah sich in der Pension nützlich macht, lernt sie den Engländer Nick mit seiner kleinen Tochter Maggie kennen, die als Gäste dort loggieren. Schon bald kommen sich Nick und Hannah näher, doch Nick hat ebenso ein Geheimnis, das es aufzudecken gilt, wie die alte Familiengeschichte, die Hannah erst sehr spät von der störrischen Dora offenbart wird...

Kate Dakota hat mit „Das Flüstern des roten Ahorns“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der vor der malerischen Kulisse British Columbias nicht nur ein Familiengeheimnis in sich birgt, sondern auch mit einer romantischen Liebesgeschichte punkten kann. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser schnell an Hannahs Seite gleiten, wo er ihr bei ihren Unternehmungen über die Schulter schaut und gemeinsam mit ihr so manches Geheimnis lüftet. Während die Autorin bildhaft die Landschaft in Szene setzt, erfährt der Leser nach und nach von der tiefen Liebe, die zwischen Hannahs Eltern herrschte und dann plötzlich ohne Vorwarnung zerbrach. Kleine Liebesbotschaften, die ihre Eltern überall in der Pension versteckt haben, füllen einen ganzen Karton, den Hannah von Dora erhält und einmal mehr deutlich machen, dass eine andere Frau nicht der Grund dafür sein kann, dass Hannahs Vater sich von ihrer Mutter trennte. Je mehr Hannah bei ihrer Großmutter nachbohrt, umso mehr verschließt sich Dora, doch irgendwann bröckelt deren Fassade und die Wahrheit gelangt endlich an die Oberfläche, was Hannah erst einmal einen Schlag versetzt. Der Engländer Nick und Maggie sind für sie in dieser Zeit die einzigen Lichtblicke, wenn Hannah auch dort mit einigen Dämonen aus Nicks Vergangenheit zu kämpfen hat. Sehr empathisch bringt die Autorin ernste Themen in ihrer Geschichte unter, die alle Beteiligten viel Kraft und Geduld kosten, doch die auch den Kampf aufnehmen, um die Dinge endlich hinter sich zu lassen.

Die Charaktere sind lebendig gestaltet und mit glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten versehen. Sie wachsen dem Leser schnell ans Herz, der sich bald als Teil ihrer Gemeinschaft fühlt und mitfiebert. Hannah ist eine hilfsbereite, freundlich Frau, die ein außergewöhnliches musisches Talent besitzt. Zudem ist sie schlagfertig und hat Humor, wenn auch das Schicksal sie gebeutelt hat und ihr einige Überraschungen ins Haus stehen, die sie erst einmal verdauen muss. Dora ist eine unterkühlt wirkende ältere Dame, die nur nach außen kratzbürstig wirkt, das Herz aber am rechten Fleck hat. Nick ist ein einfühlsamer und sympathischer Kerl, der seine kleine Tochter auf Händen trägt und alles für sie tun würde. Aber auch Sally und Nathan Tallot sowie deren Sohn spielen eine wichtige Rolle in dieser Geschichte.

„Das Flüstern des roten Ahorns“ verschafft dem Leser mit einer gefühlvollen Geschichte eine unterhaltsame Auszeit, denn der Mix aus Familiengeheimnis und Liebesgeschichte birgt einiges an Tragödie, Missverständnissen und Spannung vor dem Hintergrund einer wunderschönen Landschaftskulisse. Verdiente Leseempfehlung für eine schöne Lektüre!