Rezension

onster gebären Monster

Kreidemädchen - Carol O'Connell

Kreidemädchen
von Carol O'Connell

Bewertet mit 4 Sternen

Mich bringt Carol O'Connell immer wieder zum Staunen und hoffentlich muss ich auf ihr nächstes Buch nicht wieder fünf Jahre warten.

„Allein durch Mallorys Nähe schienen selbst die besten Eigenschaften eines Menschen dahinzuschmelzen wie Butter in der Sonne.“ Wer schon Bücher von Carol O'Connell gelesen hat, der wird es wissen. Allen anderen sei gesagt, die Ermittlerin Detective Mallory ist eine harte Nuss. Eine Art Superwoman im Kampf für die Gerechtigkeit – so wie sie sie für sich selbst interpretiert. Eine amerikanische Heldin im klassischen Sinn, die auch in jedem Western eine gute Figur machen würde. „Mallory the machine“. Ein eiskalter Engel mit stark soziopathischen Zügen, eine One-Woman-Show mit Charisma.

Und so sind auch O'Connells Thriller für mich so eine Art moderne Märchen. Was nicht heißen soll, dass die Geschichten, die erzählt werden unrealistisch sind. Nur die Art wie sie ihren Lauf nehmen, ist eben nicht realitätsnah, sondern eher Wunschtraum und ganz auf die Heldin zugeschnitten.

Jedem Kapitel voran gehen die Tagebucheinträge eines 10 jährigen toten Jungens. Und na klar, sie sind der Dreh- und Angelpunkt des Buches. Man kann richtig wütend werden, wenn man über seine Ängste und Qualen liest. Wie er ohne Hilfe und offenen Auges seinem unausweichlichen Ende entgegensieht. Mindestens so wütend wie Mallory.

Nachdem Mallory im letzten Buch auf den Spuren der „Route 66“ unterwegs war, ist dieser Fall wieder in New York und das bringt richtig schöne Atmosphäre. „New York war wie ein Verwandlungskünstler, und die guten alten Zeiten lagen immer schon sechs Minuten zurück.“ Und auch Mallorys trockener, sarkastischer Humor trifft bei mir immer voll ins Schwarze: „Die Nerven der Lunchgäste des Cafés wurden von schreienden Gangs von Krabbelkindern und umherflitzenden Kids strapaziert, die vor ihren entnervten Nannys flohen. Einige Spätgebärende hockten still auf ihren Stühlen und warteten einfach ab, bis die Batterien ihrer Sprösslinge leer waren.“

Ich empfehle nicht mit diesem Buch anzufangen, ohne wenigsten ein oder zwei vorherige aus der Reihe gelesen zu haben. Das kann man zwar, denn es funktioniert auch als Standalone. Trotzdem wird man mehr Spaß daran haben, wenn man über das Beziehungsgeflecht der Protagonisten tiefergehende Vorkenntnisse hat.

Bei allem, was ich bis hierhin geschrieben habe, rühre ich noch nicht mal ansatzweise an die eigentliche Thematik von „Kreidemädchen“ und habe auch nichts von der Story verraten. Nur so viel, ein Buch , das an ein gutes Pokerspiel erinnert. Mich bringt Carol O'Connell immer wieder zum Staunen und hoffentlich muss ich auf ihr nächstes Buch nicht wieder fünf Jahre warten.