Rezension

Paris pour toujours

Der Himmel neben dem Louvre - Julie Mebes

Der Himmel neben dem Louvre
von Julie Mebes

Bewertet mit 2.5 Sternen

Rive Droite, im 1. Arrondissement, in einem der nobelsten, altehrwürdigen und elegantesten Quartiers mitten im Herzen von Paris, zwischen Place Vendôme und den Tuilerien: Julie Mebes zeigt uns in 38 kurzen Kapiteln ihr ganz persönliches Paris. Sie nimmt uns mit in ihren Teesalon, führt uns durch kleine Straßen und über große Boulevards, wundert sich über zahme Ziegen in den Tuilerien und deutsche Foto-Touristen im Louvre. Wir stehen an der Kasse ihres Supermarktes an, sind eingeladen auf ein Dichterseminar, sitzen mit an ihrem Schreibtisch vor dem Fenster ihrer kleinen Wohnung, lernen ihre Nachbarn kennen. Julie Mebes beschreibt, wie man in Paris mit Eleganz den Alltag meistern kann - und wie gut es sich dort als Frau lebt. (dtv-Verlagsseite)

Der Klappentext versetzt das Herz jedes Frankophilen in Schwingung: Paris mon amour! Wenn nicht leibhaftig, so wenigstens in der Phantasie werden wir gleich im Schatten des Eiffelturms spazieren, die Treppen zur Sacre Coeur hinauf schnaufen, im Schatten von Notre Dame Kaffee trinken (und gegenüber in Shakespeare and Company stöbern), in der Schlange vor dem Louvre anstehen, und … und … Wir wollen also ein Buch lesen, das wir in unserer Begeisterung auch hätten schreiben können, das aber authentischer, weil realer ist und unserer touristischen Außensicht die Innensicht bietet.

Jedoch: Julie Mebes’ Begeisterung unterscheidet sich von touristischer nicht grundlegend.

Eine Concierge über- und bewacht ein Mietshaus. Eine Pariserin wechselt ihren Friseur nicht. Man bekommt Komplimente und Avancen dort, wo man sie nicht erwartet. Die Kinder sind kleine Erwachsene; sie sind so angezogen und benehmen sich entsprechend. (Sollten tatsächlich die schmutzigen, lauten Kinder, die man sieht, Nachwuchs von Touristen sein?). In Pariser Wohnungen kämpft man ständig mit Rohrbrüchen, Überschwemmungen und Löchern in den Wänden.

Mebes erzählt Begebenheiten, Anekdoten und Alltägliches aus ihrem Pariser Leben. Vieles davon hätte ihr auch passieren können, wenn sie in Rom, Madrid oder einer anderen Großstadt lebte. Es wäre dann halt nicht im Louvre passiert, sondern im Prado, nicht an der Seine, sondern am Tiber.

Und was dem Pariser die Unterscheidung zwischen „Rive Gauche“ und „Rive Droit“, sind dem Kölner die „schäl sick“ und die linksrheinische Seite.

Das Buch könnte sich in die „Gebrauchtanweisung für …“-Reihe einordnen. Die Autorin stellt Fettnäpfchen vor, die auf Unkundige lauern, und liefert  persönliche Rezepte dagegen.

Vor allem eines gilt es zu beachten: Mebes ist privilegiert. Nicht, dass sie Reichtümer besäße oder bei Hollande ein- und ausginge. Dennoch ist offenbar, dass ein täglicher Besuch in ihrem Lieblingscafé, der Kauf eines teuren Kleides und eine Wohnung im 1. Arrondissement zum Lebensstandard gehören, ebenso wie der Besuch kultureller Veranstaltungen und öffentlicher Feste. So zeigt auch das Autorenfoto eine elegante, gut frisierte und geschminkte Dame.

Sie macht durchaus einen ehrlichen Eindruck, und man spürt ihre Begeisterung für ihre Wahlheimat. Doch wie viel von dem, was sie schildert, nur in Paris und sonst  nirgends passieren könnte – so stellt sie manches dar – ist schwierig zu beurteilen, vor allem, wenn man selbst Paris nur als Tourist kennt.

Eine besondere Erwähnung verdient die Buchgestaltung: In der vorderen Innenklappe ein kreisrunder Ausschnitt aus einer alten dreifarbigen Straßenkarte mit dem Gebiet rund um den Jardin des Tuileries und den Louvre und auf dem Cover ein rundes ausgestanztes Fenster, das auf dem Kartenausschnitt liegt. Um den Kreis herum wird die Straßenkarte in helleren Farben weitergeführt. 

Die Farben entsprechen der französischen Flagge, das Weiß zum Hellbeige abgetönt. Eine hübsche, zum Buch passende Idee.