Rezension

Persische Familiengeschichte

Als die Tage nach Zimt schmeckten - Donia Bijan

Als die Tage nach Zimt schmeckten
von Donia Bijan

Bewertet mit 5 Sternen

          Das Buch beginnt in Teheran im April 2014. Wie jeden Tag wartet Zod im Glyzinienhof vor seinem Café Leila auf einen Brief von seiner geliebten Tochter Noor, die seit 30 Jahren im fernen San Francisco lebt. Noor, die ausgebildete Krankenschwester, führte eigentlich ein glückliches Leben mit ihrem Mann Nelson, ein gefragter Herzchirurg, und der gemeinsamen Tochter Lily bis sie eine Entdeckung macht, die ihre Ehe in Frage stellt. Sie beschließt deshalb nach Teheran zu ihrem Vater zu reisen und will ihre Tochter mitnehmen. Lily soll ein wenig persisch lernen und die andere Hälfte ihrer Wurzeln kennenlernen. Noor, so um die 50 und Teenager Lily werden sehr unterschiedlich mit den Eindrücken im heutigen Teheran umgehen. Mich erstaunte letztendlich der Ausgang der Geschichte. Damit hatte ich nicht gerechnet...

Donia Bijan beschreibt sehr anschaulich hauptsächlich mit Hilfe ihrer zentralen Figur Behzod (Zod) Yadegar den Werdegang einer iranischen Familie und stellt damit auch das Land vor.
In den 1930er Jahren eröffneten Yanik Yadegar und seine Frau Nina eine Konditorei mit Gartencafé. Die Eltern von Zod (Jahrgang 1940) und seinen beiden Brüdern waren aus Rußland gekommen. Das Café Leila wurde sehr bald ein geselliges Zentrum mit wunderbarem Essen, mit himmlischen Genüssen und herrlichen Düften, mit Gesang und Tanz. Ein Ort der prallen Lebensfreude! Das alles fand statt in dem Persien vor der Gewaltherrschaft. Auf der Seite 27 findet sich ein bemerkenswerter Satz, der das politische Dilemma im folgenden ganz gut beschreibt:
„Sie boten ihren Kindern ein gutes Leben in einem Land, in dem sie nicht aufgewachsen waren und das sie nie verlassen würden, doch ihren Enkeln sollte diese friedliche Existenz einmal verwehrt verbleiben.“
In vier Teilen, in 30 Kapiteln und auf 379 Textseiten wurde ich als Leserin mitgenommen in eine fremde Welt. In Rückblenden erfuhr ich vieles über das Leben im Iran. Es fiel mir schwer, die Unterdrückung, die Kontrolle, die Düsternis, die Gewalt und vor allem die Gründe dafür zu verstehen. Warum tut man das seinem Volk an? Zod ist für mich ein Held. Wie er es verstanden hat, seinen Kindern die wahren, grauenhaften Umstände des Todes seiner über alles geliebten Frau, ihrer fürsorglichen Mutter, zu verschweigen. Und wie er seine Tochter und seinen Sohn dazu bringt in Amerika zu studieren und dort zu bleiben. Das hat Größe! Es zeugt von tiefer Menschlichkeit, Zärtlichkeit und grenzenloser Liebe. Er bleibt ja allein zurück.

Fazit:
„Als die Tage nach Zimt schmeckten“ ist ein feinfühliges, emotionales, warmherziges Werk mit erschütternden Hintergründen. Es beinhaltet alles das, was mir in „Häuser aus Sand“ von Hala Alyan (Buch mit palästinensischer Flüchtlingsthematik) fehlte.
Über vier Generationen ist die Familie Yadegar fest mit dem Ort der kulinarischen Gaumenfreuden verbunden, mit ihrem Café Leila. Es ist wie eine paradiesische Oase inmitten einer Gesellschaft, die sich unter strenger Kontrolle befindet und vor allem äußerst frauenfeindlich ist. Mir gefiel Donia Bijans Erzählung sehr gut und ich kann bestätigen, dass sie ein wirklich offenes Herz als Autorin hat. (Teil ihrer eigenen Aussage im hinteren Klappentext)

Ich empfehle diese berührende Geschichte, die eindrucksvoll das Familienschicksal der Yadegars widerspiegelt und Einblicke gibt in das uns fremde Land Iran.
Meine Höchstbewertung: Fünf Sterne!