Rezension

Philosophischer Psycho-Thriller mit apruptem Ende

Im Dunkel deiner Seele - George Harrar

Im Dunkel deiner Seele
von George Harrar

Ungewöhnliches Buch mit ungewöhnlichem, aber absolut passendem Ende. Philosophie und Psychothriller mit Tagebuchcharakter.

Das Buch liest sich ein wenig wie „Tagebuch eines Philosophie-Professors“. Es beginnt an einem normalen Tag im Leben des Philosophie-Professors Evan Birch und so geht es auch irgendwie das ganze Buch lang, außer dass das Leben eine unerwartete Wendung nimmt, als er mit seinen Zwillingen im Auto plötzlich auf der Straße von der Polizei angehalten wird, weil er verdächtigt wird, eine 16-jährige Cheerleaderin entführt zu haben.

 

Plötzlich steht sein Leben Kopf. Er muss sich für jeden seiner Schritte rechtfertigen und sich zurück erinnern, was er an besagtem Tag gemacht hat. Was macht so eine Anklage mit uns? Wie reagieren wir auf solche Vorwürfe? Sind sie gerechtfertigt oder nicht? Ist der Zweifel erst einmal gesät, wie reagieren unsere Angehörigen, Freunde und Bekannten darauf? Wie reagieren wir selbst darauf? Evan, ganz der Philosoph, denkt über jede seiner Aussagen nach, überlegt, wie seine Aussage auf andere – besonders die Polizei, bzw. den ermittelnden Beamten wirkt – und dazwischen hält er weiterhin seine Philosophie-Vorlesungen.

 

Und die machen das Lesen zum Teil etwas anstrengend. Wie oben geschrieben, geht es in diesem Buch darum, wie Evans Leben trotz der Anschuldigungen weiter geht. Und das schließt eben auch seine Vorbereitungen zu seinem und seine Gedanken zu seinem Philosophie-Seminar ein. Die meisten Sachen sind zwar auch ohne Vorkenntnisse zu verstehen, aber es war manchmal ein bisschen viel.

 

Ich möchte keinesfalls sagen, dass das Buch langweilig ist, es ist durchaus spannend. Es ist allerdings eine eher unterschwellige Spannung. Während des gesamten Buches war mir nicht ganz klar, ob oder ob nicht, Evan etwas mit der Cheerleaderin zu tun hat. Es gibt Verdachtsmomente, Menschen, die ihm glauben und Menschen, die ihm nicht glauben und trotzdem geht sein Leben irgendwie weiter.

 

Und genau das ist das, was ich meine, wenn ich schreibe, es liest sich wie „Tagebuch eines Philosophie-Professors“. Wir lesen alles aus Evans Sicht, das heißt, wir erfahren etwas über seine Gedanken und Gefühle, aber uns fehlt die Einsicht über das, was um ihn herum passiert – auf objektive Weise. Und genau das macht es irgendwie spannend. Wer denkt wirklich wie über Evan – inklusive der Polizei, seiner Familie und der Leser und das bleibt bis zum Ende so. Und das Ende unterstreicht meinen Eindruck eines Tagebuchs. Genau, wie das Buch einfach irgendwo in Evans Leben anfängt, hört es auch irgendwo in Evans Leben auf.

 

Zuerst war ich sprachlos und verwirrt über dieses Ende, aber nachdem das Buch eine Weile auf mich gewirkt hat, muss ich sagen, dass dieses Ende genau so zu dem Buch passt. Das Buch ist ungewöhnlich und genauso ungewöhnlich ist sein Ende und deshalb überzeugt es mich. Es ist ein offenes Ende und es bleiben viele Fragen ungeklärt, aber nichts anderes wäre für dieses Buch passend.

 

Fazit: Wer sich auf ein ungewöhnliches Buch mit einem ungewöhnlichen Ende einlassen kann und es akzeptieren kann, dass nicht jede aufgeworfene Frage beantwortet wird, wer dieses Buch als Psychothriller mit Tagebuchcharakter lesen kann, dem wird dieses Buch trotz allem so gut gefallen, wie mir.