Pippi und die anderen
Der letzte Satz der Biographie ist richtungweisend: „Immer wieder hatte sie gesagt: ‚Ich bin Astrid aus Småland, eine Bauerntochter von Anfang bis Ende.’ Und weit oben im Himmel fliegt der 1996 entdeckte Asteroid Nr. 3204 durch das All. Die russische Akademie gab ihm den Namen Astrid Lindgren. Irgendwo dazwischen liegt die Wahrheit.“
Heißt: Astrid Lindgren gab im Laufe ihres Lebens zwar unzählige Interviews, die Eckdaten ihres Lebens sind bekannt, doch sie selbst behielt das Persönlichste zurück. Die ganze Welt kennt sie, dennoch gab sie sich der Welt außer durch ihre Bücher nicht zu erkennen.
Ein bisschen wusste man: Dass sie in einem Bullerbü-ähnlichen Umfeld aufwuchs. Dass sie mit 19 Jahren schwanger wurde und gezwungen war, das Kind vorübergehend in Pflege zu geben, bis sie ihre Ausbildung beendet hatte und Geld verdiente. Dass „Pippi Langstrumpf“, ihr erster großer Erfolg (nicht ihr erstes Buch) entstand, als sie für ihre kranke Tochter Geschichten erfand. Dass sie sich für die Rechte der Kinder und für den Frieden einsetzte.
Aber was ist entscheidend für eine Frau, die den Titel „Beliebteste Schwedin des Jahrhunderts“ erhielt?
Sicher, viele, die mit den Kinderbüchern der Autorin aufgewachsen sind (gibt’s jemanden, der nicht?) interessiert auch die Frau hinter Pippi, Michel, Ronja und Mio.
Gottschalk gibt ein paar Antworten; sie zeigt ein Stück der privaten Astrid Lindgren, wie sie sie durch Gespräche mit engen Freunden und der Tochter kennen gelernt hat. Sie erzählt einiges, aber nicht allzu viel aus Lindgrens Privatleben, das bis dato nicht öffentlich und laut gemacht wurde, doch vermeidet sie Klatsch und Tratsch. (Auch wenn es ihr in einigen Rezensionen vorgeworfen wird.)
Jedoch: Das Leben einer Frau, die fast 95 Jahre alt wurde, die zu den bedeutendsten SchriftstellerInnen des 20. Jahrhunderts zählt und die letztendlich sogar politischen Einfluss hatte, so darzustellen, dass es auf 200 Seiten passt? Auch wenn Gottschalk in ihrer Danksagung schreibt: „Danken möchte ich besonders meiner Lektorin Susanne Härtel, die mich davor bewahrt hat, mich zu verzetteln.“
Ein wenig Verzetteln hätte mir gut gefallen.