Rezension

Plump statt inspirierend

Das Wunder von Coldwater
von Mitch Albom

Bewertet mit 2 Sternen

In der kleinen Stadt Coldwater in Michigan wird das bisherige Leben auf den Kopf gestellt, als einige Bewohner plötzlich Anrufe von verstorbenen Familienmitgliedern erhalten, die ihnen von Liebe, Vergebung und Frieden im Jenseits berichten. Manche, wie Polizeichef Jack, verschweigen die Anrufe, andere flüchten, wie Elias Rowe, andere aber wie Tess und Katherine werden regelrecht besessen von den Anrufen. Als die Ereignisse publik werden, kann sich Coldwater vor Pilgern, Reportern und Schaulustigen kaum noch retten.

Ex-Armeepilot und Ex-Knacki Sully versucht, seinem Sohn ein normales Leben zu ermöglichen, doch der Junge wartet mit einem Spielzeughandy sehnsüchtig auf einen Anruf seiner verstorbenen Mutter. Sully möchte vor den Ereignissen fliehen, die sein Leben und das seiner Frau zerstörten und beginnt, Ermittlungen über das „Wunder von Coldwater“ anzustellen.

Sehr berührend und inspirierend fand ich „Nur einen Tag noch“ von Mitch Albom, so dass mich auch die Idee zu „Das Wunder von Coldwater“ interessierte. Wie es scheint, sind Geschichten rund um das Jenseits und Verstorbene und ihre Hinterbliebenen seine Spezialität. Leider bewegte sich die Handlung permanent auf einer religiösen Ebene, die für mich nicht wirkte und mich nicht erreichte. Die Handlung ist schon sehr auf das US-amerikanische Verstehen von Religiösität zugeschnitten, finde ich. Scharen von Pilgern, die monatelang in jedem Wetter in einem Vorgarten ausharren und ekstatisch werden, findet man in Mitteleuropa wohl kaum.

Abgesehen von dem religiösen Aspekt gefielen mir auch die Charaktere bis auf Sully nicht. Mit seiner Ausnahme bleiben alle anderen distanziert, abgesehen von ihrem Umgang mit den Anrufen, erfährt man kaum etwas über sie. So konnte ich mich nicht mit den handelnden Personen identifizieren.

Etwas Schwung nimmt die Handlung auf, als Sully aktiv in seine „Ermittlungen“ einsteigt. Wie es zum „Wunder“ kam, finde ich dagegen etwas plump konstruiert. Und auch das Ende trieft vor Kitsch.

Was auch immer nach dem Tod kommt, „Das Wunder von Coldwater“ inspiriert mich nicht, an den Himmel zu glauben. Die Auswirkungen eines (angeblichen) religiösen Wunders auf die Menschen und ihre Gemeinde finde ich besser porträtiert in David Gutersons „Unsere liebe Frau vom Wald“.