Rezension

Rachefeldzug der Eule - Spannend!

Mein ist die Stunde der Nacht - Mary Higgins Clark

Mein ist die Stunde der Nacht
von Mary Higgins Clark

Bewertet mit 4 Sternen

Bis zum 20-jährigen Jubiläum ihres Schulabschlusses und dem damit verbundenen Klassentreffen hat sich Jean Sheridan nie etwas dabei gedacht, dass fünf Mädchen aus ihrer früheren Mittagsrunde in der Reihenfolge gestorben sind, in der sie früher zusammen am Tisch saßen. Ein ehrgeiziger Reporter der hiesigen Schülerzeitung pocht jedoch auf einen Zusammenhang und als bei dem Treffen plötzlich die Nächste aus der Runde verschwindet, ist nur noch Jean übrig...

Die Idee, dass bei einem Klassentreffen auch zwanzig Jahre später noch Konflikte und Gefühle aus der Schulzeit hochkochen gemixt mit einer vielversprechenden Krimi-Idee hat mich von Beginn an fasziniert.

Wie üblich bei Mary Higgins Clark hat auch dieser Fall wieder etwas gemeinsam mit mehreren anderen Fällen, an denen die Polizei gerade arbeitet oder an denen sie gearbeitet hat. Diese Verstrickungen der Fälle (der erstochenen Karen Sommers, deren Mutter nun eine Freundin von Jean ist, der beim Joggen überfallenen Helen Whelan und der erdrosselten älteren Dame) ineinander fördern die Spannung ungemein, da man entweder mitbekommt, wie die entsprechende Person getötet wird, der Mörder sich dem Leser jedoch nicht zu erkennen gibt oder aber sein Zeichen, eine Eule aus Metall, hinterlassen wird, die die Ermittler entweder übersehen oder denen keine Bedeutung beigemessen wird. Dies als Leser "mitanzusehen" macht einen schier wahnsinnig und man hofft bloß noch, dass jemand bald endlich die Zeichen versteht.

Hierbei ist auch anzumerken, dass das Eulencover hervorragend zum Buchinhalt passt, da der Mörder sich nur "Die Eule" nennt, Eulenanhänger bei ausgewählten Opfern hinterlässt und sein krankhaftes Verhalten auf ein kindliches Träume zurückzuführen ist, welches mit der Rolle einer Eule im Schultheater verknüpft ist.

Gut gefallen hat mir, dass die Charaktere generell meist sehr tiefgründig waren. Fast alle Ehrengäste des Klassentreffens hatten früher schwerwiegende Probleme in der Schule oder Familie, waren Außenseiter oder hatten durch Unfälle und ähnliches hart zu kämpfen, um die Person zu werden, die sie 20 Jahre später sind oder zumindest vorgeben zu sein (denn unter der äußeren Schicht lauern bei fast jedem der Beteiligten ein paar Geheimnisse, wie sich im laufe des Buchs herausstellt).

Besonders nervenaufreibend fand ich die Rolle des Feinkosthändlers gegen Ende, da man von seinem Wesen her sofort schließen kann, dass er Jean mit seinem Plappermaul in Schwierigkeiten bringen wird.

Auch Jake Perkins, der Reporter der Schülerzeitung ging mir zuweilen beim Lesen auf den Keks, aber schließlich bügelt seine Penetranz ja die Offenheit des Händlers gegenüber des Mörders wieder aus und rettet mehreren Personen das Leben.

Durch die eindeutig zweideutigen Sätze, die in den Passagen der einzelnen Teilnehmer des Klassentreffens auftauchen, welche alle nichts Gutes vermuten lassen, wird der Leser non-stop in die Irre geführt und verdächtigt nach kurzer Zeit jeden männlichen Gast des Treffens, der häufiger vorkommt.

Durch dieses Psycho-Spielchen mit Worten und Andeutungen stimme ich letztendlich mit dem Kriminalbeamten Sam Deegan überein: "Komisch, *** hatte ich eigentlich am Wenigsten in Verdacht"

Daher also alles in allem ein absolut nervenaufreibender Thriller mit z. T. nachvollziehbarem Hintergrund, den ich nur jedem empfehlen kann. Aber Achtung: Man kann das Buch kaum noch weglegen, also besser nur anfangen, wenn man gerade nichts anderes vorhat!