Rezension

Rasanter Thriller über menschliche Abgründe mit einem heiklen Thema

Im Versteck -

Im Versteck
von Sabine Thiesler

Bewertet mit 5 Sternen

Der aus Hamburg stammende Fotograf Paul Böger entdeckt ein altes Haus in der Toskana, hoch in den Bergen oberhalb der kleinen Stadt Ambra. Der Vorbesitzer verstarb und seitdem verwahrlost das Haus. Aber es ist genau das, was Paul sucht. Das Haus liegt sehr einsam, nur eine schlechte Straße führt dort hinauf und der Blick von dort oben ist wunderbar.
Paul beschließt das Haus zu kaufen, seine Zelte in Hamburg abzubrechen und dort zu leben. Denn Paul sucht die Abgeschiedenheit und Einsamkeit, um sich selbst und andere vor seinem grausamen, unbezwingbaren Trieb zu schützen. Doch dann verschwindet in Ambra ein kleines Mädchen …

Sabine Thieslers neuer Thriller ist so ganz anders, als die vorherigen. Er spielt zwar erneut an dem aus früheren Büchern schon bekannten Ort Ambra aber hier sind der Täter und sein Motiv von Anfang an bekannt.
Auch der schon bekannte Ortspolizist Donato Neri und seine Familie sind wieder mit dabei und Neri hat im Fall des verschwundenen Mädchens auch zu ermitteln. Schnell gerät natürlich Paul Böger als „Fremder“, der dazu noch wie ein Einsiedler lebt, in Verdacht.
Als Leser hat man einen gewaltigen Wissensvorsprung, der aber die Spannung überhaupt nicht beeinträchtigt.

Zunächst aber lernen wir Paul Böger näher kennen und erleben, wie er das Haus entdeckt und schließlich kauft. Zum Leidwesen seines Freundes und Mitbewohners Donnie beschließt er, alles in Hamburg zurück zu lassen und ganz in die Toskana zu ziehen.
Rückblicke auf Taten in Deutschland und in die Kindheit von Paul Böger zeichnen ein gründliches Bild von ihm und verdeutlichen, warum er möglicherweise so geworden ist und worin sein Trieb begründet liegt. Aber wir erleben ihn auch als Freund, Arbeitskollegen und talentierten Fotografen in einem ganz „normalen“ Leben.
Die Charakterisierung von Paul ist der Autorin sehr gut gelungen. Ich konnte seine Zerrissenheit spüren und habe ihn eigentlich als Täter und Opfer seiner selbst empfunden, denn er hat erkannt, dass er Schreckliches tut und dagegen ankämpfen muss.
Die früheren Taten sind zwar relativ nüchtern, fast in Polizeisprache beschrieben, aber dennoch sind sie mir unter die Haut gegangen, denn es handelt sich um Kindesmissbrauch. Das ist natürliches ein schlimmes Thema und nichts für zart besaitete Leser.

Das Buch gliedert sich in 5 Teile mit insgesamt 142 kurzen Kapiteln. Die Sichtweise wechselt sehr oft zwischen Paul, den Ermittlungen in Italien und in Deutschland, einigen Nebenfiguren und auch den Rückblicken in Pauls Leben. Durch die kurzen Kapitel werden das Tempo und auch die Spannung ständig hoch gehalten, denn ich habe immer erwartet, dass wieder etwas passiert und war gespannt, zu welchem Ende die Autorin die Handlung führen wird.

Das Setting in der Toskana ist wieder einmal schön beschrieben. Gerade diese wunderschöne Landschaft und der eigentlich friedliche kleine Ort Ambra bilden eine tolle Kulisse für die Geschichte.

In diesem rasanten Thriller steht einmal nicht die Tätersuche im Mittelpunkt, denn als Leser weiß man von Anfang an, woran man ist. Hier geht es vielmehr um die psychologische Komponente, die ziemlich komplex ist. Mit einem toll gezeichneten Protagonisten, wunderbar passenden Nebenfiguren, detailreichen Kleinigkeiten am Rande und einer durchgängig prickelnden Spannung konnte mich Sabine Thiesler sehr fesseln und auf ganzer Linie überzeugen!

Fazit: 5 von 5 Sternen

 

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