Rezension

Regt zum Nachdenken an

1984 - George Orwell

1984
von George Orwell

Bewertet mit 4 Sternen

Winston Smith ist Mitglied der äusseren Partei und ein kleines Rädchen im Betrieb von Oceania, einer der drei noch bestehenden Nationen. Mit seinem Leben als nicht-fühlender, nicht-denkender Bürger kann er sich jedoch nur schwer abfinden und begeht eines der grössten Verbrechen, dass die Gesellschaft im Jahr 1984 kennt: er macht sich seine eigenen Gedanken über die Welt.

 

Die Geschichte wird aus der Sicht von Winston Smith erzählt, und der Protagonist ist auch der Einzige, den der Leser näher kennenlernt. Bei den anderen Figuren erfährt man zwar, wie sie handeln, jedoch nie, warum, und was dahinter steckt. Auch bei Winston wird nie genau klar, wieso er sich der Partei widersetzt. Ich hatte den Eindruck, dass er gar keine Wahl hatte. Er konnte sein Denken nicht einfach abstellen, musste alles hinterfragen, auch wenn er vielleicht einfach nur ein ruhiges Leben haben wollte, aber seine Gedanken konnte er nicht beeinflussen. Da das Buch bereits knapp 70 Jahre alt ist, wirkt der Schreibstil für heutige Lesegewohnheiten etwas steif, das häufige Einfliessen von „Neusprech“-Worten (die durch die Partei neu erschaffene, limitierte Sprache) hat mich dabei im Leserhythmus oft unterbrochen.

In Anbetracht der heutigen Umstände erscheint die düstere Zukunftsvision Orwells nicht mehr weit hergeholt. Durch den Gebrauch von Smartphones, Social Media, Kreditkarten etc. ist zumindest die Möglichkeit der ständigen Überwachung Tatsache, die öffentliche Meinung wird durch die Medien beeinflusst und auch heute gibt es Überzeugungen und Ansichten, die man kaum in der Öffentlichkeit auszusprechend wagt.

„1984“ war für viele Autoren eine Inspiration. Verschiedene Szenen kannte ich bereits so ähnlich aus anderen Werken der Literatur, Film oder Fernsehen. Wer das Buch noch nicht kennt, soll aber gewarnt sein: die Handlung ist recht mager, im Grunde kaum vorhanden, und das Buch ist schwer zu verdauen. George Orwell will hier zum Nachdenken anregen und nicht unterhalten, und das ist es auch, was dieses Buch ausmacht. Ausserdem hatte der Autor offenbar ziemlich etwas gegen Frauen, was Mitte der 40er, als das Buch geschrieben wurde, noch durchaus zum guten Ton gehörte. Jedenfalls sind die in „1984“ beschriebenen Figuren in erster Linie Männer, die wenigen Frauen, die in der Geschichte vorkommen, werden ausschliesslich auf ihre Tauglichkeit als Sex-Objekt betrachtet. Einen eigenen Willen oder gar eigene Ideen scheint keine zu haben. Dennoch hat mich das Buch sehr berührt und nachdenklich gemacht – womit es seinen Zweck erreicht hat.

 

Mein Fazit

Erschreckend – vor allem erschreckend realistisch. ZU Recht ein Klassiker, der auch mehrmals gelesen werden kann.