Rezension

Reinheitsgebot und Ramadan

Bierleichen - Su Turhan

Bierleichen
von Su Turhan

Bewertet mit 4 Sternen

Was ist den Deutschen und ganz besonders den Bayern heiliger als das immer wieder mit Erfolg verteidigte Reinheitsgebot des deutschen Bieres? Nicht vieles, werden jetzt vermutlich eine ganze Reihe Leser denken und so ist es nur naheliegend, dass ein Autor diese Frage zu einem Schlüsselthema eines Krimis macht.
Su Turhan, Autor und Filmemacher türkischer Herkunft, hat seinem „Kommissar Pascha“ einen zweiten Fall beschert.
Mitten in München, im Wittelsbacher Brunnen, wird die Leiche eines jungen Mannes gefunden. Äußerliche Verletzungen, die zum Tod führten, gibt es keine, das Obduktionsergebnis allerdings weist einen Alkoholwert im Blut des Toten von 3,2  Promille aus. Da es sich um einen türkischstämmigen Studenten handelt,der zudem keinen Alkohol trank, wird die SoKo Migra, an ihrer Spitze Kommissar Zeki Demirbilek, genannt Kommissar Pascha, mit den Ermittlungen beauftragt. Nur ein paar Tage später findet die Polizei am Rande eines Parkplatzes, der zum Gelände einer Biermesse gehört, die Leiche einer jungen attraktiven Frau.
Schon bald steht fest, dass beide Opfer bei einer bekannten und bodenständigen Privatbrauerei beschäftigt waren.  Und ausgerechnet diese Brauerei befindet sich mitten in einem Verkaufsprozess – ausgerechnet an einen türkischen Investor. Die gesamte Produktionsstätte soll in die Türkei verlagert werde.
Die Volksseele kocht hoch, Die Münchner Bierliebhaber und mit ihnen  auch der Kollege von Kommissar Pascha Pius Leipold, können dieses Sakrileg nicht fassen.

So wundert sich der Leser nicht, dass hier nicht immer an einem Strang und in die gleiche Richtung gezogen werden. Das diese Ermittlungen in den letzten Tagen des Ramadan stattfinden, belasten Kommissar Zeki Demirbilek zusätzlich. Der Sommer ist heiß und trocken, das Trinken und sei es auch nur das von Wasser, ein Bedürfnis und eine Notwendigkeit für die Menschen. Aber nicht für Kommissar Pascha. Für ihn gilt: zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang gibt es weder Nahrung noch ein Getränk. Er ist manchesmal kurz davor, schwach zu werden, kriegt aber immer noch die Kurve. Das macht ihn unleidlich und manchmal auch agressiv gegenüber den Kollegen, aber auch gegenüber Zeugen und möglichen Verdächtigen.

Der Fall selbst ist nicht so spektakulär und auch nicht übermäßig spannend, aber die Charaktere der verschiedenen Personen, ihre Konflikte miteinander und der detaillierte Einblick in türkisches Leben und türkische Tradition hier in Deutschland sind ein Gewinn für diesen Roman. Leser mit einem Faible für Regionalkrimis kommen hier auf Ihre Kosten wie auch diejenigen, die eher die etwas skurrilen und grantigen Typen mögen. Eine andere Kultur, die auch in einer kurzen Dienstreise nach Istanbul eine deutliche Ausprägung erhält, trägt sehr positiv zum Lesevergnügen bei. Alles in allem ein gut zu lesender und unterhaltsamer Krimi.