Rezension

Rhyme und Sachs in ihrem 10. Fall

Todeszimmer - Jeffery Deaver

Todeszimmer
von Jeffery Deaver

Mit „Todeszimmer“ liegt der nunmehr zehnte Band der Lincoln Rhyme-Reihe von Jeffery Deaver vor. Und auch wenn man in diesem Teil auf gewohnte Figuren trifft und vertraute Abläufe wiederfindet, gelingt es Deaver doch, seine Reihe um den querschnittsgelähmten Forensiker Lincoln Rhyme und Detective Amelia Sachs mit immer neuen und ganz unterschiedlich motivierten Fällen fortzuführen. Dieser hier dürfte sein bisher politischter sein.

Lincoln Rhyme und Amelia Sachs werden von der stellvertretenden Bezirksstaatsanwältin Nance Laurel um Mithilfe bei einem Fall gebeten. Ein amerikanischer Staatsbürger ist auf den Bahamas erschossen worden, der Mordanschlag trägt die Handschrift eines Profis und Nance Laurel vermutet die Hintermänner in den obersten Regierungsebenen der USA. Damit begibt sie sich mit ihren Ermittlungen auf dünnes Eis, eine Anklage gegen einen Beamten der Bundesbehörden stößt in den eigenen Reihen nie auf Wohlwollen. Ein Fall, der sie ihre Karriere kosten könnte, den sie aber verbissen und voller Ehrgeiz auf Teufel komm raus vor Gericht bringen will. Für den Prozess benötigt sie allerdings hieb- und stichfeste Beweise. Und hier kommt Lincoln Rhyme ins Spiel. Er soll ihr helfen, die wenigen Spuren und Indizien zu einer schlüssigen Beweiskette zu verknüpfen. Gemeinsam mit den anderen, aus den Vorgängerbänden bekannten Teamkollegen beginnen Rhyme und Sachs im Dreck zu wühlen und wirbeln dabei mächtig viel Staub auf...

So gut dieser Fall auch letztlich wieder durchkomponiert ist, er braucht doch ein bisschen, um in die Gänge zu kommen. Er ist etwas trockener und im Mittelteil auch etwas zäher, vor allem aber viel politischer als die anderen Fälle des Ermittler-Duos. Und das erscheint fast logisch, merkte man den jüngeren Deavern doch immer wieder verstärkt das amerikanische Trauma von 9/11 deutlich an. Fast kein Thriller, in dem die Anschläge vom 11. September nicht in irgendeiner Weise reflektiert wurden. Nicht aufdringlich, sondern eher wie ein leises Flüstern, dass die Gedanken der Figuren immer wieder unterwandert hat, und sei es nur ein Blick auf die veränderte New Yorker Skyline. Wie eine Narbe, an der man immer wieder unbewusst kratzt.

Es gibt natürlich auch wieder einen raffinierten Killer, der wie bei Deaver immer dieses gewisse Etwas mitbringt, aber er geht hier in all den politischen Machtspielchen fast ein wenig unter. Die richtige Spannung kam bei mir erst im letzten Drittel von „Todeszimmer“ auf, davor ist das Buch aber höchst aufschlussreich und mit vielen interessanten Themen gespickt. Wie immer gekonnt erzählt, baut Deaver hier interessante Standpunkte und Sichtweisen zum Thema innere Sicherheit, Terrorismus und Patriotismus ein und fordert so Gedankenspiele beim Leser heraus. Was ist richtig, was ist falsch? Bei politischen Themen oftmals nicht mehr klar zu unterscheiden. Und das setzt „Todeszimmer“ hier sehr gut um.

Seine Stellung in der nun 10-teiligen Lincoln Rhyme und Amelia Sachs-Reihe nimmt „Todeszimmer“ in meinen Augen aber als absolut schlüssige und sowohl logische wie konsequente Weiterentwicklung in der Figurenzeichnung ein. Wenn man bedenkt, dass der erste Band bereits 1997 erschienen ist, muss man einfach festhalten, dass es Deaver immer gelingt, den aktuellen Zeitgeist zu treffen und sich mit seinen Figuren immer weiter nach vorn zu bewegen. Und so muss man in diesem Band vielleicht ein wenig auf die gewohnte und vertraute Tatortarbeit verzichten, ein bisschen weniger von den heißgeliebten forensischen Details als in den Vorgänger hinnehmen, und kommt trotzdem am Ende zu dem Schluss, dass sich auch dieser Deaver wieder gelohnt hat zu lesen.

Fazit: „Todeszimmer“ ist ein Buch für langjährige Leser der Lincoln Rhyme-Bücher. Zum Einstieg in die Reihe oder in Jeffery Deavers Gesamtwerk würde ich ihn als ungeeignet empfinden, spiegelt er doch nicht so gut wie andere Bände wieder, was alles in einem Thriller von Jeffery Deaver stecken kann. Es ist ein Buch für alle, die Rhyme und Sachs schon lange begleiten und sich auf die Weiterentwicklung der Figuren, einen neu motivierten Fall und das Lesevergnügen eines Deavers freuen. Und auch wenn es hier zunächst augenscheinlich etwas ruhiger zugehen mag, das Buch lohnt!

Bewertung:

Stil: 5 Sterne
Idee: 4 Sterne
Umsetzung: 4 Sterne
Figuren: 5 Sterne
Plot-Entwicklung: 3 Sterne
Tempo: 3 Sterne
Tiefe: 5 Sterne
Komplexität: 5 Sterne
Lesespaß: 4 Sterne

Durchschnittliche Bewertung: 4,22 Sterne

Gesamteindruck: Ganz runde 4 Sterne für den 10. Lincoln Rhyme-Band.

Rezension von
http://wortgestalt-buchblog.blogspot.de

Kommentare

yvy kommentierte am 25. August 2014 um 14:21

Eine sehr gelungene Rezension. Danke dafür.
Besser hätte man es nicht auf den Punkt bringen können.

kommentierte am 25. August 2014 um 14:34

Vielen lieben Dank!! Das freut mich sehr!! :)

yvy kommentierte am 25. August 2014 um 14:43

Gerne, Ehre wem Ehre gebührt. ;)

Ich finde deine Rezis ohnehin recht gut und schaue deshalb immer wieder gern bei dir vorbei. :)

kommentierte am 25. August 2014 um 14:54

Wow, da bin ich ganz platt! Danke für die Blumen! :D