Rezension

Richard, Eigenbrötler und Sonderling

Löwenherz -

Löwenherz
von Monika Helfer

Bewertet mit 4 Sternen

Einfühlsam erzählte Geschichte über den Bruder der Autorin, einem glücklosen, unzufriedenen Menschen.

Nach dem Tod der Mutter bricht die Familie Helfer auseinander – der trauernde Vater zieht sich mit seinen Büchern in ein Kloster zurück, Monika und ihre beiden Schwestern wachsen bei Verwandten in Bregenz auf, während der damals fünf Jahre alte Richard, der vom Vater stets „Richard Löwenherz“ genannt wurde, von einer Tante in Feldkirch aufgenommen wurde. Der Kontakt zwischen den Geschwistern bricht vorläufig ab und wird erst als Erwachsene wieder aufgenommen. Da ist Richard bereits ein junger Mann mit einer Ausbildung zum Schriftsetzer, der gerne malt und sich zum Eigenbrötler und Sonderling entwickelt hat. Er  braucht Monikas Hilfe, nachdem eine flüchtige Bekannte ihre dreijährige Tochter Putzi bei ihm abgeliefert hat und danach verschwunden ist. Obwohl selbst noch sehr jung, sorgt Richard rührend für das Mädchen, das ihn nun Vati nennt. Er ist fünfundzwanzig, als sein Leben eine entscheidende Wende erfährt …

Monika Helfer, geb. 1947 in Au/Vorarlberg, ist eine österreichische Schriftstellerin. Sie veröffentlichte bereits mehrere Romane, Erzählungen und Kinderbücher, für die sie zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Die Themen ihrer Bücher sind oft Familiengeschichten, in die sie ihre Vorfahren und ihre Herkunft mit einbezieht. Seit 1981 ist sie in zweiter Ehe mit dem Schriftsteller Michael Köhlmeier verheiratet. Sie hat vier Kinder, zwei davon aus erster Ehe. Eine Tochter verstarb 2003 bei einem Unfall, ihr Roman „Bevor ich schlafen kann“ von 2010 ist ihrem Andenken gewidmet. Das Paar lebt in Hohenems/Vorarlberg und in Wien.

Nach ihren Romanen „Die Bagage“ 2020 und „Vati“ 2021 ist „Löwenherz“ 2022 der dritte Roman (keine Biografie), den die Autorin über ihre Familie geschrieben hat. Darin stellt sie ihren sechs Jahre jüngeren Bruder Richard, ein Künstler und Sonderling ohne Ehrgeiz und Energie, vor, der einfach alles auf sich zukommen lässt. So schweigsam wie ihr Bruder war, so verhalten berichtet auch die Autorin von dessen Leben. Sie geht dabei nicht chronologisch vor, sondern erzählt einzelne Episoden, wie sie gerade aus ihrer Erinnerung auftauchen. Sie bezieht dabei auch ihren zweiten Ehemann, den Schriftsteller Michael Köhlmeier, mit ein, der mit ihrem Bruder Richard befreundet war. In buntem Wechsel kommen und gehen ihre Gedanken und Erinnerungen, sie reflektiert, verwirft und hinterfragt ihre Überlegungen.

Fazit: Eine Geschichte zwischen Fiktion und Realität, der Versuch zu erklären, warum Richard, der Bruder der Autorin, mit seinem Leben gehadert hat.