Rezension

Romanhaft ausgestaltete fragmentarische Autobiographie

Es war alles ganz anders - Vicki Baum

Es war alles ganz anders
von Vicki Baum

Bewertet mit 5 Sternen

Unvollendete Autobiografie, ausführlich, bild- u. romanhaft, Kindheit u. problematisches Elternhauses, Leben bis zur Übersiedlung in die USA

Wenn man diese Autobiografie liest, sollte man um ihre Entstehung wissen. Vicki Baum schrieb sie im Alter von etwas über 70 und starb dann plötzlich ohne sie vollendet zu haben. So fehlen leider interessante Lebensabschnitte, z.B. ihre vielen Reisen nach der Übersiedlung in die USA.

Diese unvollständigen Lebenserinnerungen, 'ein 'Wirrwarr von Seiten und Paragrafen' – so der Sohn – wurde dann von der Schwiegertochter in mühevoller Arbeit zusammengestellt.

Vicki Baum selbst nennt sie 'weitschweifig' und so habe ich das auch empfunden. Besonders ihre Kindheit in Wien in einem problematischen Elternhaus wird sehr detailliert und ausführlich beschrieben, so dass man wohl besser in kleinen Häppchen liest, zumal alles sehr 'gehaltvoll' geschildert wird, bildhaft und poetisch, gespickt mit Gedanken und Beurteilungen.

Was für eine schwierige unglückliche Einsamkeit im Wien der Jahrhundertwende – bis auf die glücklichen Ferien voller Freiheit und Wildheit in einem kleinen Dorf! Was für eine Überraschung, dass sie eine anerkannte Harfenistin war! Dieses ganze Leben wird mit guter Beobachtungsgabe und manchmal bissigem Humor beschrieben und ist wahrscheinlich phantasievoll ausgestaltet. Man fragt sich nämlich als Leser, ob man so viel Erinnerungen bewahren kann.

Aber gerade das alles gestaltet diese Lebenserinnerungen so reizvoll und es macht Lust, ihre Romane zu lesen und Autobiografisches darin zu entdecken. Dazu trägt auch das begeisterte Vorwort von Elke Heidenreich bei, wonach ihre Romanfiguren viel mit ihr selbst zu tun haben.

Diese bunt zusammengemixten Lebenserinnerungen kann ich nur empfehlen und schließe mich Elke Heidenreichs Vorwort an:

'Vicki Baum hätte ein anderer Platz gebührt, einer der literarischen Anerkennung.'