Rezension

Runde Sache

Frau Ella - Florian Beckerhoff

Frau Ella
von Florian Beckerhoff

Bewertet mit 3 Sternen

Der dreissigjährige Sascha trifft im Krankenhaus auf eine schnarchende Oma, die ihn beim onanieren stört : Frau Ella tritt in unser Leben. Beide haben ein Augenproblem.Weil sie gegen ihren Willen in Vollnarkose operiert werden soll, entführt sie Sascha kurzerhand in seine Wohnung. Frau Ella, im Sauber machen von Wohnungen bestens bewandert, mit Darmproblemen geschlagen, die nicht immer lautlos enden, staunt über Saschas Lebensgewohnheiten. Filterkaffe trifft Latte macchiato. Frau Ella trifft aber auch auf einen unsichern, liebeskranken, modernen Mann, der mit seiner Umwelt eigentlich nichts anzufangen weiss. Dessen Heimat, dass irgendwie, irgendwo, irgendwann ist. Ellas Einfachheit fasziniert ihn. Zusammen mit seinem vermögenden Freund Klaus bereisen sie Frau Ellas Vergangenheit auf dem Lande. Alles könnte in Ordnung kommen, wenn Sascha seine Ex-Freundin wiederbekommen könnte, vermutet Frau Ella. Ihr Wunsch ist Lina-Saschas Ex-Freundin- Befehl, sie taucht aus Spanien auf. Alsbald findet sich Ella überflüssig und marschiert lotterhaft bekleidet in den Stadtpark!  Kapitelweise wird einmal aus Sicht von Frau Ella, dann aus Sicht von Sascha erzählt.

Meinung :

Frau Ella ist ein Buch der leisen Töne, auch wenn manchmal laut gefurzt wird, findet sich kein brachialer Klamauk, sondern ein feinsinniger, geistreicher Humor. Die Ausgangslage, den Generationskonflikt hat Potential. In der Form habe ich darüber noch kein Buch gelesen. Überraschend, dass Florian Beckerhoff, die Kapitel, die aus Frauensicht geschrieben sind besser gelungen sind, als die Sascha Kapitel. Ich fand die Ella Kapitel streckenweise sehr amüsant zu lesen. Endlich mal wieder ein Autor mit einer Botschaft, warmherzig und kritisch, was den Egoismus der städtischen Freigeister angeht. Hervorragende Philosophische Textstellen finden sich ebenso, wie tragische Momente, wenn man Ellas Vergangenheit denkt. Mir hat das Buch wirklich imponiert. Es ist schlicht strukturiert und bezieht seine Spannung einzig und allein aus der Frage, ob Sascha mit Ella wahnsinnig wird, oder den Wert des Lebens kennen lernt, der bis dahin für ihn hauptsächlich aus Linas prachtvollen Titten bestand. Ganz löst der Roman die Frage nicht auf. Sasche hätte eine Spur überspitzter dargestellt werden müssen. Bei seinem Freund Klaus dagegen wird bei der Dialogen manchmal grotesk überzeichnet. Schwer zu verstehen, worum es in seinen Aussagen  im einzelnen geht. Eine weitere Schwäche ist die Schlussphase, der Park, die letzte Szene, die Geschichte hätte einen knalligeres Ende verdient gehabt. Insgesamt ein gelungener, sehr unterhaltsamer Roman mit einem etwas besseren Ende hätte es ein Sternchen mehr gegeben.