Rezension

Schön, chaotisch, vielschichtig, charmant, lustig und ein klein wenig verrückt.

Die Schneekönigin - Michael Cunningham

Die Schneekönigin
von Michael Cunningham

Bewertet mit 4 Sternen

Ich habe mich so wahnsinnig auf dieses Buch gefreut! Ich war so gespannt, wie die Andeutung an das von Hans Christan Andersen verfasste Märchen "Die Schneekönigin", umgesetzt wird. Und als ich das Buch dann zugeklappt habe, dachte ich nur: verrückt!

Dabei war es nicht einmal ein wertendes "verrückt". Das Wort stand einfach nur so vor meinen Augen da und ich habe überlegt, wie ich das Buch nun für mich persönlich zu deuten habe und wie ich es letztendlich finde.

Nun, ich war zunächst einmal deutlich von dem Cover, welches wirklich wunderschön ist, verzaubert und von dem Klappentext sehr angetan. [Zunächst habe ich nur den ersten Teil des Textes gelesen, den ihr im obigen Abschnitt wiederfindet.] Ich finde Märchen haben etwas beruhigend Magisches an sich, was ich auch gehofft habe, in diesem Buch wiederzufinden. Und teilweise war dies auch so. Es gab Passagen und Kapitel in denen ich dachte: "Ja, ich weiß, was der Text aussagen möchte und empfinde es auch so!". Doch gleich danach kamen wieder Stellen, mit denen ich nichts anfangen konnte und mich gefragt habe, ob ich am Ende des Buches einfach ratlos zurückbleibe.

Der Schreibstil war eigentlich sehr angenehm, wobei mir manchmal zu oft Einschübe verwendet wurden, die in Klammen in ironischer Weise Zusatzkommentare beisteuern sollten.

Mit den Charakteren konnte ich mich zwar nicht wirklich identifizieren, was vielleicht auch gut so ist, denn mal ehrlich, Tyler ist drogenabhängig und sieht die Welt teilweise sowieso mit ganz anderen Augen. Aber auch Barrett war mir an manchen Stellen etwas suspekt. Obwohl sie im Grunde eben einfach nur Menschen sind, die versuchen im Leben zurechtzukommen. Dennoch hatten beide Charaktere immer wieder Passagen, in denen sie unheimlich weise und reflektiert über ihr eigenes Leben, wie auch über das Leben der Anderen nachgedacht haben. Für mich war es immer ein Spiel zwischen Vernunft und Wahnsinn. Zeitweise habe ich mir auch überlegt, ob mir einfach die gewisse Vorkenntnis fehlt, da ich "Die Schneekönigin" von Andersen nie wirklich gelesen habe. Daher habe ich noch das Internet hinzugezogen und nachgelesen, wie das Märchen nun eventuell in Verbindung zum Roman gebracht werden kann. Und nach und nach wurde mir, je mehr ich über das Buch nachgedacht habe, klar, dass man vielleicht gar nicht so viel versuchen soll darin zu sehen, genauso wenig wie Barrett versuchen sollte, Dinge in diese "Licht-Erscheinung" zu interpretieren.

Denn einen wirklichen roten Faden, gibt es in der Geschichte auch nicht. Man liest sich durch das Buch und erwartet vielleicht zuviel, bis man begreift, dass die Geschichte zwar verwirrend sein kann, aber gleichzeitig auch auf bitterböse weise zeigt, wie das Leben mit den Menschen spielt. Was nicht bedeutet, dass auch die guten Seiten im Leben am Schluss sichtbar werden.

Selbst, wenn man Andersens Märchen nicht gelesen hat, erkennt man viele Motive, auch dank des Klappentextes, wieder. Denn das Motiv des Schnees ist zum Beispiel immer präsent, wie auch die "Schneesplitter".  Wer nun hier in diesem Roman die "Schneekönigin" verkörpern soll, bleibt wohl jedem selbst in der Eigeninterpretation überlassen.

Insgesamt: Schön, chaotisch, vielschichtig, charmant, lustig und ein klein wenig verrückt. Aber eine schöne Geschichte, um zu zeigen, dass Menschen etwas brauchen, an das sie glauben können.