Rezension

Schwer verdauliche Kost

Drift - Michel Bozikovic

Drift
von Michel Bozikovic

Bewertet mit 4 Sternen

Drift- Julien, 19 Jahre alt, hat das Auto seiner Eltern geklaut, will in den Krieg nach Kroatien. Drift- Martin, Journalist, Drogen, Alkohol. Drift- der Krieg ist grausam. Drift- die verlorene Liebe schmerzt. Drift- Selbstmord ist keine Lösung. Drift- wohin? Drift- warum?

Die Geschichte zweier Männer: Julien und Martin.
Julien fährt heimlich mit dem Wagen seiner Eltern nach Kroatien, er will dort an die Front, und es ist ihm egal, wenn er dabei selbst umkommt. Nach vielen Problemen und Umwegen trifft er auf einen Aufklärungstrupp und schließt sich ihm an. Julien ist ein Naturtalent, er trifft alles, auf was er auch zielt. In seiner Gruppe lernt er Marina kennen, und weiß, sie ist seine große Liebe. Doch zum Lieben bleibt keine Zeit. . .

Martin ist Journalist. Er lebt mit Helena zusammen, doch die schmeißt ihn raus, weil er einfach nicht vom Alkohol und den Drogen lassen kann. Ein Buch will er schreiben über den Krieg, denn er hat Julien kennen gelernt und ihn interviewt. Doch er steht sich selbst im Weg und seine Alkohol- und Drogeneskapaden ändern auch nichts an der Sichtweise.

Meine Meinung

Es war nicht einfach, dieses Buch zu lesen, es zu greifen, zu begreifen. Und es ist nicht einfach, darüber nun etwas zu schreiben. Zwei Männer- zwei Geschichten, zwei so grundverschieden erzählte Leben.
Die Geschichte um Julien ist hart, anonym, unpersönlich. Es ist schwer, einen Draht zu ihm zu finden, zu groß ist die Distanz zu ihm. Und es dauert, bis der Kontakt zustande kommt. Anfänglich hatte ich das Bedürfnis, Juliens Seiten schnell wegzulesen, wegzuwischen.

Mit Martins Geschichte kam ich zu Beginn besser zurecht, sein Leben hatte Farbe, Leben, Dynamik, einen "normalen" Alltag. Er ist einem näher, er könnte mein Nachbar sein. Und beim Lesen wünschte ich mir, mehr von ihm zu erfahren.
Im Verlauf änderte sich das aber, Martin wurde mir zusehend unsympathischer, seine Geschichte verschwimmt immer mehr, es gibt keine Chronologie darin. Die Orts- und Zeitwechsel verwirren, und ich verlor leider nach und nach den Überblick. Fast hatte ich den Eindruck, dass seine Drogen mir das Gefühl nahmen.

Bei Julien dagegen geriet immer mehr Bewegung in die Geschichte. Immernoch anonym, aber inzwischen lebendiger, mitfühlender. Durch die vielen, schrecklichen Ereignisse, die ihm und seinem Trupp geschehen, wird das Ganze emotionsgeladen, es zieht einen mit sich, der Krieg kommt dem Leser immer näher. Man hat als Leser das Gefühl, mit ihm im Graben zu liegen, den Geruch der feuchten Erde in der Nase, die Stille im Wald, das Warten.

Unterm Strich

Es ist ein gutes Buch, ohne jede Frage. Es schönt nichts, am Krieg gibt es nunmal nichts schönes. Es ist ein hartes Buch. Und es regt sehr zum Nachdenken an. Ein Buch, das auch nach dem Ende nicht wirklich endet. Es wird nicht jedem gefallen, aber das muß es auch nicht. Der Krieg gefällt auch nicht. . .