Rezension

sehr sehr gu! und wichtig! Ergreifende Geschichte, die einen mitreißt

Die Mutter meiner Mutter - Sabine Rennefanz

Die Mutter meiner Mutter
von Sabine Rennefanz

Bewertet mit 5 Sternen

Unfassbar viele von uns sind die Nachfahren von Flüchtlingen. Unfassbar viele Geschichten liegen im Verborgenen. Ich selbst bin ein Kind von Flüchtlingskindern. Nur weniges blieb den Familien, nach den Grenzöffnungen beim Mauerfall und Ende des kalten Krieges konnte ein Blick in die Vergangenheit geworfen werden, sofern das noch möglich war und ist.

So wie bei der Autorin kam dann doch noch das Schreckliche ans Tageslicht. Was für ein bitteres Drama. Die Erkenntnis, dass wir Kinder und teils auch noch die Enkel leiden, handeln und gleiche Fehler begehen, nur weil nicht geredet wurde, aufgearbeitet wurde, damit ein Neustart beginnen kann. Welche Hemmungen, gesellschaftliche Regeln und Gesetze ein Leben, eine Lebensführung beeinflussen kann, das zeigt sie deutlich.

Dass viele ihrer Familienmitglieder mit ihrer Geschichte hadern und kämpfen ist verständlich. Wer will sich schon den Vater, den Großvater nehmen lassen, nur weil die Vorgeschichte so lange im Verborgenen lag. Und wie die Autorin diese erzählt, ist einfühlsam, vorsichtig und wohl dosiert.

Der immer wiederkehrende Satz „ich habe etwas über deinen Großvater herausgefunden“ lässt erahnen, um was es geht. Die Großmutter, ein Flüchtlingskind, das viel verloren hat, sich verloren vorkommt, mag sie noch so lange bereits in diesem winzigen Ort leben, in das es sie verschlagen hat. Der Knecht, der aus der Gefangenschaft kommt, 20 Jahre älter als sie. Drei Mädchen entstanden aus einer Ehe, die so anders war als andere Familien. Warum? Jahrzehnte wusste es keiner.

Schritt für Schritt, behutsam, schreibt sich Rennefanz das Unglaubliche von der Seele. Etwas, das in so vielen anderen Familien vorgekommen sein mag oder ähnlich. Verschlungen habe ich es, denn auch ich stehe vor einer nicht mehr zu beantwortenden Frage: was ist damals alles geschehen?

Absolut lesenswert.