Rezension

Siebzehn alltägliche Leben

Maschas Glück - Ljudmila Ulitzkaja

Maschas Glück
von Ljudmila Ulitzkaja

Unglückliche Ehen und glückliche Mesalliancen, falsche Mütter und untergeschobene Söhne, mal heiter, mal wolkig - Ljudmila Ulitzkaja erzählt vom ganz normalen Leben in Russland. Und von Frauen, die ihrem Leben an einem scheinbar aussichtslosen Punkt eine unerwartete Wendung geben. Die Erzählungen bestechen durch scharfe Beobachtungsgabe, verschmitzten Humor, leise Töne und Zwischentöne sowie die liebevolle Sympathie der Autorin für ihre Figuren. (Verlagsseite)

Eine unglaublich schöne Frau fühlt sich den Blicken der Männer ausgeliefert und heiratet einen Blinden. Eine Tochter wehrt sich gegen die Gewalt ihres beinamputierten alkoholkranken Vaters und riskiert dessen Tod. Zwillingsschwestern, inzwischen über 60 Jahre alt, kümmern sich ihr Leben lang um die Eltern, aber irgendwann sterben diese. Zwei Ehefrauen eines Mannes leben zusammen. Ein Mann weiß nicht, zu welcher Frau er gehört.

Die Autorin schafft es, aus Kurzgeschichten Biographien zu machen. Meist umreißt sie in einer Erzählung das ganze Leben eines Protagonisten. Sie schildert das Alltägliche, den Kampf ums Geld, mit dem Beruf, dem Ehepartner und den Kindern. Vor allem die Wohnsituation erscheint uns (heute und in unserm Land) erschreckend: Viele Menschen in einer Wohnung zusammengepfercht, pro Familie ein Zimmer mit Gemeinschaftsküche und –bad. 

Doch im Alltäglichen findet Ulitzkaja das Besondere. Ein ungewöhnliches Gesicht, eine merkwürdige Eigenschaft, einen außerordentlichen Lebensentwurf. Wie im realen Leben auch sind es die Alltäglichkeiten, die mit dem Besonderen korrelieren und zu überraschenden Ereignissen und sonderbaren Wendungen führen.

Drama und Tragödie liegen dicht beieinander und bedingen sich gegenseitig. Weil die Autorin leicht und locker, verschmitzt und mitunter ironisch ihre Personen, deren Marotten und Entwicklungen betrachtet, liest sich das Buch lebendig und vergnüglich, auch wenn man Mitleid mit einigen Figuren hat. 

Was ärgert: Warum schreibt der Verlag nicht „Erzählungen“ auf das Cover oder Vorblatt? Ich hatte den Klappentext nicht gelesen und begann die zweite Geschichte in der Annahme, es handle sich um das zweite Kapitel eines Romans.   

Trotzdem: Das Buch gefiel.