Rezension

Slowenische Literatur

Als die Welt entstand -

Als die Welt entstand
von Drago Jancar

Bewertet mit 5 Sternen

„Ich mag Kinder in Büchern nicht, sagt Danijel.“

Beim Stichwort „Autoren aus Slowenien“ denke ich zuerst an France Prešeren & Ivan Cankar, an  Boris Pahor, aber auch an Brina Svit, Goran Vojnovi  und an den streitbaren Slavoj Žižek. Nach der Lektüre von „Als die Welt entstand“ muss ich auch Drago Jančar auf meine Liste setzen; sein Roman hat mir wirklich gut gefallen, auch sprachlich und stilistisch kann Jančar überzeugen.  Coming of Age, historischer Roman, Gesellschaftskritik: „Als die Welt entstand“ ist eine vielschichtige Verarbeitung der slowenischen Nachkriegsgeschichte.

Maribor, Slowenien:

Für den zwölfjährigen Danijel ist der Schritt zum Erwachsensein nicht leicht, seine Biographie spiegelt die Widersprüche der exjugoslawischen /slowenischen Gesellschaft zwischen Katholizismus und Kommunismus/Titoismus. Danijels Vater ist ein Partisanenkrieger der ersten Stunde, die Mutter gläubige Katholikin, die den Sohn zum Religionsunterricht schickt. Als die junge Lena in Danijels Viertel einzieht, stehen die Zeichen auf Sturm: auch Pepi und Ljubo haben ein Auge auf die Frau geworfen, dramatisch entspinnt sich eine Dreiecksgeschichte…

Jančar zeigt auf, dass unter der staatlich verordneten ‚Brüderlichkeit und Einigkeit‘ die Gräuel des Zweiten Weltkrieges letztlich nicht aufgearbeitet wurden (Manche würden behaupten, dass auch dieser Umstand 1991 zum Zerfall des Vielvölkerstaates Jugoslawien führte) und im slowenischen 10-Tage-Krieg (dieser Krieg sollte sich auch auf Kroatien und Bosnien, später Kosovo ausweiten und erst 1995 bzw. 1998 beendet sein) ein traurig – makabres „Revival“ erlebten.  „Als die Welt entstand“ ist auch ein Plädoyer gegen Dogmatismus und allzu einfache „Wahrheiten“, eine differenzierte Betrachtung der europäischen Vergangenheit; der Mensch ist stets wichtiger als die Politik.

Danijels Erzählung oszilliert zwischen Traum und Realität, Stream of Consciousness, anyone?  Das Stilmittel des naiven (und zugleich weisen) kindlichen Erzählers ist in der Literatur eigentlich ein alter Hut, hier mochte ich aber die Sensibilität, mit welcher dieses Stilmittel eingesetzt wurde.

Trotz der ruhigen Erzählart möchte ich Drago Jančars Roman zur Lektüre empfehlen, man muss als Leser/in jedoch geduldig sein, da es auch Längen im Plot gibt.