Rezension

So schön ♥

Irgendwann für immer - Katja Millay

Irgendwann für immer
von Katja Millay

Bewertet mit 5 Sternen

Der erste Satz:
Ich hasse meine linke Hand.

Meine Meinung:
Inhalt
Nastya redet nicht mehr. Mit nichts und niemandem. Seit ihr etwas schreckliches passiert ist, hat sie einfach aufgehört auch nur einen Mucks von sich zu geben. Dies ist jetzt schon ein ganzes Jahr her.
Aus verschiedenen Gründen zieht das junge Mädchen von zu Hause aus und findet sich schon bald bei ihrer Tante wieder, was natürlich auch einen Schulwechsel mit sich bringt. Sie hat Angst, wie die anderen auf sie reagieren werden und verändert sich mit einem Schlag total. Sie zieht sich sehr freizügig an, versteckt sich hinter Tonnen von Make-up und macht einen auf unnahbar, damit niemand auf die Idee kommt, sich ihr zu nähern.
Auf dieser neuen Schule lernt sie auch Josh kennen und scheint in ihm ihren Seelenverwandten gefunden zu haben. Denn der versteht sie auch ohne Worte...

"In dem Moment wird mir bewusst, was er mir das geschenkt hat. Es ist nicht bloß ein Stuhl. Es ist eine Einladung, ein Willkommensgruß: die Gewissheit, dass ich hier akzeptiert werde. Er hat mir nicht einfach einen Platz geschenkt, an dem ich sitzen kann. Er hat mir einen Ort geschenkt, wo ich hingehöre.
Zitat aus "Irgendwann für immer"

Charaktere
Nastya ist ein Mädchen, welches sein Innerstes hinter einem Berg Make-up und freizügigen Klamotten versteckt. Sie trägt sozusagen eine Maske, damit ihr niemand zu nahe kommen kann. Zusätzlich zu dieser sichtbaren Barriere hat sie aufgehört zu sprechen, zu schlimm ist das Ereignis ihrer Vergangenheit noch in ihrem Gedächtnis vorhanden. Nastya ist sehr zurückgezogen und lässt ihre Gefühle beim Laufen raus - Nein, eigentlich rennt sie eher vor ihnen davon, bis sie selbst nicht mehr kann.
Josh hat ebenfalls einige schlimme Dinge hinter sich gebracht. Und doch ist er ein selbstbewusster junger Mann. Zwar lebt auch er eher zurückgezogen und hat nur einen Freund, den er an sich heran lässt. Andere Schüler meiden ihn, weil er ebenso wie Nastya eine Barriere um sich herum aufgebaut hat. Diese ist allerdings eher unsichtbar. Die Menschen in seinem Umfeld wissen nicht, wie sie mit ihm umgehen sollen, ist ihnen doch bekannt, welche Schicksalsschläge er schon in jungen Jahren hat hinnehmen müssen.

"Ich will nicht, dass du mich rettest, und ich kann dich nicht retten", betone ich, weil es mir wichtig ist, dass er es aus meinem Mund hört, aber auch, weil ich es selber hören muss. [...]
"[...]", sagt er, und mir wird ganz warm um Herz und Seele.
"Du rettest mich an jedem einzelnen Tag."

Zitat aus "Irgendwann für immer" 

Gesamt
Wenn man nach knapp 500 Seiten einen dicken Wälzer zufrieden zuschlägt und man das Gefühl hat, es hätten gut und gerne noch mal 500 Seiten sein können, dann hat man ein enorm gutes Buch gelesen. So ging es mir, als ich "Irgendwann für immer" beendet hatte.
Dieses Buch ist hoch emotional und so wunderschön geschrieben...
Nastya und Joshs Geschichte hat mich auf jeder einzelnen Seite berührt und mich entzückt aufseufzen lassen. Es ist wirklich unbeschreiblich wie sehr die Beiden füreinander geschaffen sind.
Das gesamte Buch wird abwechselnd aus der Sicht von Josh und Nastya erzählt. Beide beschreiben uns ihre Gefühle und ihre Taten in der Ich-Form, was es einem sehr leicht macht, sie zu verstehen und ihre Emotionen selbst zu fühlen. Besonders bei Nastya ist diese Art der Erzählung die Beste, da sie selbst ja nicht spricht. Bei ihren Kapiteln bekommt man so stückchenweise einen immer tieferen Einblick in ihr Seelenleben, sowie ebenfalls auch immer mehr von ihrer Vergangenheit ans Licht kommt. Allen voran steht natürlich das Ereignis, welches ihr widerfahren ist, und was sie zu dem gemacht hat, was sie jetzt ist: Eine zerbrechliche Glaskugel, sie sehr schnell auf den Boden fallen und zersplittern kann. Nastya Handlungen habe ich nachvollziehen können. Ebenso die Tatsache, dass sie nicht mehr spricht. Mit dem Leser redet sie allerdings sehr wohl. Ihre Gedanken sind eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Jeder Looping hat mich mitten ins Herz getroffen. So sehr, dass ich sogar die ein oder andere Träne vergießen musste. Wenn die Protagonistin über ihre Gefühle "spricht", ist sie an manchen Stellen sehr sarkastisch, was absolut witzig rüber kommt. Ich habe dadurch gesehen, wie sie wäre, würde sie sich immer noch mitteilen. Ich hatte ein Bild von der Nastya vor Augen, wie sie ohne diesen Vorfall wohl gewesen wäre. Nicht nur diese Tatsache spricht absolut für den fantastischen Schreibstil der Autorin. Sie schreibt sehr gefühlvoll und hat jedem ihrer beiden Protas ein enorm großes Herz geschenkt. Zudem ist alles sehr bildlich dargestellt. Jede einzelne Umgebung habe ich vor Augen gehabt. Sei es die Garage, in der Josh gerne rumwerkelt, oder aber die Laufstrecke, wo sich Nastya jeden Tag an ihre Grenzen bringt. Es war alles absolut stimmig und passte wie die Faust aufs Auge.
Sehr wichtig bei einem solchen Roman sind mir persönlich immer die Emotionen, die ich gerne übermittelt bekomme. Gelingt dies einem Autor bei einer solchen Thematik nicht, gibt es einen Punkt Abzug, denn es gehört meiner Meinung nach, einfach dazu. Katja Millay würde ich gerne noch einen extra Punkt geben, weil ich wirklich jede einzelne Emotion von Nastya und Josh am eigenen Leib gespürt habe. Es war zum Lachen und zum Weinen schön und schrecklich zugleich. Besonders verschiedene, hoch emotionale Wendungen haben mich bis ins Herz getroffen und mir selbst weh getan und das, obwohl es ja eigentlich nur eine Geschichte, aber nicht real ist. Nach meinem Empfinden könnte alles aber genau so geschehen sein, wie die Autorin es geschrieben hat und das macht das Buch für mich zu etwas sehr Besonderem.
Ich war mit den Protagonisten so sehr verbunden, dass mir knappe 500 Seiten viel zu wenig waren. Doch nicht nur die Protagonisten, sondern die gesamte Geschichte hat mich so sehr beeindruckt, dass ich das Buch am Liebsten gleich noch einmal lesen würde.

Fazit:
Positiv
Die Schreibweise ist sehr flüssig, das Tempo stets auf dem höhsten Level.
Das Buch hat so viele Emotionen, das mir ganz schwindelig wurde.
Mit Nastya und Josh hat Katja Millay ein wunderbares Pärchen erschaffen, in das ich mich selbst ein bisschen verliebt habe. Es ist einfach großartig und berührend zu lesen, wie sich die Beiden immer näher kommen und einander verstehen und kommunizieren, obwohl Nastya ja im Grunde genommen überhaupt nichts sagt.
Die Umsetzung dieser Thematik hat mir außerordentlich gut gefallen. Besonders dass jedes Kapitel aus einer anderen Sicht in der Ich-Form erzählt wird. Enorm wichtig war dies bei den Kapiteln von Nastya, denn sonst hätte man sie wohl gar nicht richtig kennen- und lieben lernen können.
Man sollte es vielleicht nicht denken, aber selbst in so einem "romantischen" Buch kommt auch die Spannung nicht zu kurz. An erster Stelle steht hier in Erfahrung bringen zu wollen, was für Nastya das "Davor" überhaupt ist. Dies erfährt man in jedem ihrer Abschnitte nur Bruchstückweise, bis es endlich aufgelöst wird und man selbst aufgelöst ist. Ist dieses Geheimnis gelüftet, möchte man wissen, wie die Beziehung mit Josh weiter geht, bzw. ob diese überhaupt zustande kommt.
Zu guter Letzt möchte ich abschließend noch sagen, dass mich schon lange nicht mehr ein Buch so sehr berührt hat, wie dieses. Es ist ein Must read, also leiht es euch, kauft es euch, egal, nur lest es!
Negativ 
Dieses Buch ist ein Pageturner, an dem es absolut nichts auszusetzen gibt.
© www.mybooksparadise.de