Rezension

Solider Krimi mit viel Karl-May-Feeling

Indianertod - Rainer Buck

Indianertod
von Rainer Buck

Bewertet mit 4 Sternen

»Als die beiden Helden des Westens nach erfolgreichem Kampf davonritten und die eingeschüchterten Roten noch mit einigen Pistolensalven in die Luft beeindruckten, fasste sich Winnetou plötzlich an die Brust. Keiner nahm zunächst Notiz davon, doch der Apatschenhäuptling krümmte sich plötzlich immer stärker im Sattel. Er glitt wie in Zeitlupe vom Pferd und blieb schließlich regungslos im Sand liegen. Old Shatterhand bemerkte es als Erster, sprang aus dem Sattel und beugte sich über den Freund. Er kniete nieder, versuchte Winnetou aufzurichten, doch dessen Körper hatte jede Spannung verloren. Winnetous Kopf in seinen Schoß gebettet, schaute Old Shatterhand mit weit aufgerissenen Augen in die Runde und ins Zuschauer-Oval.«

Für einen kurzen Moment glaubt der pensionierte Kriminalkommissar Robert Falke, der eine Aufführung der Karl-May-Spiele in Bad Espefeld genießen wollte, dass man das Programm in Winnetou III geändert hätte. Doch dann wird ihm und dem Rest des geschockten Publikums klar, dass der Häuptling der Apachen diesmal tatsächlich in die ewigen Jagdgründe eingegangen ist.

 

Manuel Wolff, im Hauptberuf Pastor und nebenbei Journalist, wollte eigentlich für seine Zeitung eine Kritik zu der Aufführung schreiben. Nun wird er, der ebenfalls im Publikum saß, zum Schreiber eines Sensationsberichts, den er zu gerne noch mit weiteren Infos ergänzen würde – zum Beispiel zum Täter. Manuel und sein Freund Robert (der sich viel zu früh pensioniert fühlt) beginnen zu ermitteln…

 

Na, das war ja mal ein interessantes Ermittlerduo! Manuel und Robert verbindet neben der gemeinsamen Bibelstunde die Liebe zu Karl May und beide wollen sich aus verschiedenen Gründen nicht allein darauf verlassen, dass die Polizei ihre Arbeit macht. Während der Charakter von Robert recht einfach gestrickt daherkommt (er wäre halt gerne noch aktiv ;-), ist der von Manuel schon vielschichtiger.
Ermittelnde Geistliche tauchen zwar in der Literatur immer mal wieder auf, aber auf einen ermittelnden Pastor, der zudem noch Journalist ist, bin ich noch nicht gestoßen. Auch darüber hinaus ist Manuel für einige Überraschungen gut, was jeden freuen dürfte, der gerne über die menschliche Seite, einschließlich menschlicher Verfehlungen und Schwächen, eines Geistlichen liest. Mir war er jedenfalls sehr sympathisch und ich schließe mich dem Autor an, der im Nachwort schreibt:

»Würde sich ein Pastor in der Figur des Manuel Wolff wiedererkennen, wäre er im Grunde nur zu beglückwünschen.«

 

Die eigentliche Krimihandlung erscheint klassisch und solide. Es gibt verschiedene Verdächtige, falsche Spuren und reichlich Stoff zum Miträtseln. Die kurzen Kapitel lassen sich flott lesen und verleiten dazu, immer „nur noch eins mehr“ lesen zu wollen. Es gibt allerdings sehr viel Privates und Zwischenmenschliches, was man den sympathischen Charakteren von Herzen gönnt, was aber aufgrund des Umfangs ein wenig die Spannung dämpft. Der Krimifreund sollte sich bewusst sein, dass neben der Jagd auf den Täter hier auch andere Dinge wichtig sind.

 

Auf seine Kosten kommt der Karl-May-Freund. Wer so wie ich als Kind die Bücher verschlungen und die Filme geliebt hat und wer vielleicht auch schon selbst eine (oder mehrere) Aufführungen einer Freilichtbühne besucht hat, der kann in aufkommenden Erinnerungen schwelgen. Witzig fand ich zudem, wenn gelegentlich in „normalen“ Gesprächen Ausdrücke wie „Greenhorns“ fielen oder eine Person einen Satz mit „wenn ich mich nicht irre“ beendete. :)

 

Fazit: Solider Krimi mit interessanten Charakteren, viel Menschlichem und ganz viel Karl-May-Feeling.

 

»Robert Falke konnte wie alle anderen im Publikum zunächst nicht begreifen, was da auf der Bühne passierte.
Spielen sie dieses Jahr doch wieder Winnetou III?, ging es ihm durch den Kopf. Neben ihm hatte Jessica ihr Eis fallenlassen und starrte konsterniert auf die Bühne. Als sich nun Rote-Kreuz-Kräfte zwischen den Reihen der Indianer durchkämpften und den wie gelähmt wirkenden Old Shatterhand zur Seite schoben, ging wohl dem Letzten im malerischen, unweit des Plöner Sees gelegenen Freilichttheater auf, dass etwas Schreckliches passiert war.«