Rezension

Spannend, aber am Ende extrem unglaubwürdig

Ohne jede Spur - Lisa Gardner

Ohne jede Spur
von Lisa Gardner

Bewertet mit 4 Sternen

Um sich mit seiner Frau Sandra die Erziehung der kleinen Tochter Ree zu teilen, arbeitet Jason Jones vorwiegend nachts als Reporter für den "Boston Daily". Als er eines nachts heimkehrt, schläft die kleine Ree ganz allein im Haus. Sämtliche Schlösser sind intakt und es gibt keine Spuren eines Einbruchs - trotzdem fehlt von Sandra jede Spur.

Da Jason seine Frau erst Stunden später als vermisst meldet und sich auch sonst eher gefühlskalt und wenig kooperativ zeigt, gerät er in den Verdacht, etwas mit ihrem Verschwinden zu tun zu haben. Die Ermittler vermuten, dass Sandra ihn verlassen hat, oder dass er sie eiskalt aus dem Weg geräumt hat. Doch schon bald stellt sich heraus, dass in der Nachbarschaft ein entlassener Sexualstraftäter wohnt. Ist er für das Verschwinden der jungen Mutter verantwortlich?

Meine Meinung

Lisa Gardner verwendet in ihrem Thriller verschiedene Erzählperspektiven. Ein Handlungsstrang wird in der Ich-Form, aus der Sicht der vermissten Sandra erzählt. Sandra gibt nach und nach Details aus der Zeit vor ihrem Verschwinden preis. Allerdings verrät sie nie zu viel, sodass man nicht sicher sein kann, wie man diese Informationen einordnen soll. Aus diesen kurzen Einschüben geht nicht hervor, was mit ihr passiert ist und ob sie noch lebt. Sandras Erzählungen heben sich durch ein kursives Schriftbild vom Rest der Handlung ab. In einem weiteren Handlungsstrang schaut man Sandras Ehemann Jason über die Schulter. Er scheint ein dunkles Geheimnis zu haben und beim Lesen stellt man sich deshalb oft die Frage, was er der Polizei verschweigt und ob das etwas mit Sandras Verschwinden zu tun hat. Außerdem beobachtet man Detective Sergeant D. D. Warren bei den Ermittlungsarbeiten und bekommt einen Einblick, welche Auswirkungen die Suche nach der verschwundenen Sandra für den Sexualstraftäters Aidan Brewster hat.

Durch die wechselnden Perspektiven bekommt man einen guten Eindruck von den verschiedenen Charakteren, die auf ganz unterschiedliche Art und Weise in die Handlung involviert sind. Die Protagonisten sind sehr unterschiedlich und auch nur schwer einzuschätzen, denn sie geben ihre Geheimnisse nur häppchenweise preis. Sie wirken allerdings lebendig und ihre Handlungen größtenteils nachvollziehbar. Die einzelnen Abschnitte stoppen oft an entscheidenden Stellen, sodass man das Buch nur schwer aus der Hand legen kann. Der flüssige und angenehm lesbare Schreibstil unterstützt die Sogwirkung, die die Erzählung entwickelt. Obwohl die Handlung des Thrillers ohne blutiges Gemetzel auskommt, ist die Spannung durchgehend spürbar. Denn man möchte unbedingt erfahren, was hinter dem merkwürdigen Verhalten von Sandras Ehemann steckt. Außerdem stellt sich schon bald heraus, dass Sandras gutbürgerliche Fassade erste Risse bekommt. Es gelingt Lisa Gardner hervorragend falsche Fährten auszulegen. Man folgt ihnen beim Lesen nur allzu bereitwillig und muss dann allerdings feststellen, dass man der Auflösung noch keinen Schritt näher gekommen ist.

Am Ende der Erzählung überschlagen sich die Ereignisse förmlich. Leider kommt es zu einem typischen amerikanischen Showdown, bei dem weniger Action deutlich mehr gewesen wäre. Denn so wirkt das Ende übertrieben konstruiert und unglaubwürdig.

Insgesamt gesehen habe ich mich beim Lesen des Thrillers sehr gut unterhalten. Ich habe einige spannende Lesestunden damit verbracht und der Auflösung regelrecht entgegengefiebert. Das Ende wirkte auf mich allerdings extrem unglaubwürdig und führt dazu, dass ich leider ein Bewertungssternchen abziehen muss.