Rezension

Spannung, die nicht bricht

Ghostwalker -

Ghostwalker
von Rainer Wekwerth

Inhalt:

Hamburg im Jahr 2047. Jonas ist einer der Besten auf seinem Gebiet. Als Ghostwalker schlägt er sich Tag für Tag durch die virtuellen Welten der Firmen. Er transportiert Datenpäckchen seiner Auftraggeber von A nach B und versucht diese vor ungewollten Einblicken und Datendieben zu schützen.

Als Jonas eines Tages einen Auftrag erhält, bei dem ihm ein Salär von 100.000 Eurodollar winkt, ist er erst einmal skeptisch. Nicht nur, dass diese Summe schon viel zu hoch für einen gewöhnlichen Transport erscheint, auch ist es nicht üblich von Auftraggebern mitten auf der Straße angesprochen zu werden. Denn eigentlich ist er in der virtuellen Welt anonym unterwegs. Doch sein Gegenüber weiß nicht nur ziemlich viel über ihn, er erwähnt auch Jonas verstorbenen Vater, der für die auftraggebende Firma gearbeitet haben soll. Es ist also nicht nur das Geld, sondern auch die Neugierde, die Jonas antreibt, das Angebot anzunehmen.

Dies war ein großer Fehler, wie sich bald herausstellt. Denn bald schon hängt Jonas in der virtuellen Welt „Golem City“ mit einem Datenpaket fest, an dem unter anderem die japanische Mafia interessiert ist. Jonas muss um sein Leben fürchten und sich bald fragen, in was sein Vater zu Lebzeiten verwickelt war.

 

Meinung:

Nach dem Selbstmord seines Vaters musste Jonas schnell lernen, sich alleine durchzuschlagen. Die Mutter ist erst in eine Depression verfallen und hat ihn dann, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, ebenfalls verlassen. Um nicht in die Fänge der staatlichen Obhut zu geraten, gaukelt Jonas seinem Umfeld und insbesondere der Schule vor, dass seine Mutter aufgrund psychischer Erkrankung nicht in der Lage ist, das Haus zu verlassen. Eine noch vorhandene Aufzeichnung auf dem Anrufbeantworter, ein gefälschter Brief, eine Ausrede hier und da, haben ihm bislang geholfen, diese Lüge aufrecht zu erhalten.

Um den Kühlschrank zu füllen und Rechnungen zu bezahlen, verdient sich Jonas Geld als Ghostwalker. Er transportiert für auftraggebende Firmen wichtige Datenpakete durch deren individuell gestaltete Welten.
Der neueste Auftrag kommt ihm da gerade Recht: 100.000 Eurodollar sind eine Menge Geld. Damit könnte Jonas sich seinen Traum erfüllen. Er könnte endlich das von ihm verhasste Hamburg verlassen und nach Kalifornien auswandern. Doch nicht nur der hohe Lohn, auch der Auftritt seines Auftraggebers lassen ihn stutzen. Sein Gegenüber weiß viel zu viel über Jonas Leben und gibt keinerlei Informationen preis, über das, was er in Golem City letztendlich erledigen soll. „Du wirst es dann schon sehen“, ist die dürftige Antwort, die Jonas neben einer kleinen Figur, einer begehrten Nachbildung der Protagonistin aus dem Anime „Kim Uriel“, auf seine Nachfragen erhält.

Rainer Wekwerth führt seine Geschichte Schritt für Schritt weiter, und jedem dieser Schritte folgen wir mit großer Neugierde und Spannung. Gemeinsam mit Jonas sind wir ständig auf der Flucht. Sei es in der virtuellen Welt oder auch im „analogen“ Hamburg.

Drei virtuelle Welten lernt der Leser gemeinsam mit Jonas in diesem Buch kennen. Ein Setting erinnert an Games of Throne, mittelalterliche Nordmänner verfolgen den Ghostwalker durch einen düsteren Wald. Eine liebevoll gestaltete japanische Umgebung und letztlich Golem City, eine Stadt voller Hochhäuser umgeben von einem schlammartigen Fluss, in der die Figuren aus Jonas Lieblingsanime „Kim Uriel“ beheimatet sind.

Bereits zu Beginn erfährt der Leser, dass ein Job als Ghostwalker auch Tücken mit sich bringt. Um in die virtuelle Welt einzutauchen, muss Jonas in seinen VR-Anzug schlüpfen und sich in einem speziellen Stuhl festschnallen. Wenn er sich erst einmal eingeloggt hat, dann gibt es nur noch drei Möglichkeiten die Welt des Auftraggebers zu verlassen: Entweder er erleidet virtuelle Verletzungen, solange, bis der Körper schlapp macht, was nicht selten mit Schmerzen – hierfür sorgen die 10.000 Nanomarker seines VR-Anzuges – verbunden ist. Eine weitere Option ist der Tod. Die effektivste und beste Möglichkeit jedoch, einen Ausweg aus dem Szenario zu finden, ist die Erfüllung des Auftrages. Diese drei Möglichkeiten verhindern einerseits, dass sich Datendiebe schnell einloggen und allzu leicht mit sensiblen Daten aus dem System ausloggen können. Sie sorgen jedoch im Falle von Jonas neuestem Auftrag für allerlei Komplikationen. Denn bald schon muss dieser nicht mehr nur darum bangen, dass ihm das Jugendamt auf die Schlichte kommt. Vielmehr enthält Jonas Datenpaket überaus sensible Daten, an denen unter anderem auch die japanische Mafia Interesse zeigt.

 

Fazit:

Mit „Ghostwalker“ präsentiert Rainer Wekwerth einen rasanten Cyberthriller, in dem technologische Fortschritte gleichermaßen euphorische Visionen wie apokalyptische Ängste erzeugen. Wekwerth stellt die im Zusammenhang mit Cyber-Utopien entstandenen Konzepte von Entstofflichung und entgrenzter Körperhülle im virtuellen Cyber-Space vom Kopf auf die Füße.

Was das Buch wertvoll macht, ist die Art und Weise, wie es mit den Themen umgeht: Die Ernsthaftigkeit, mit der künstliche Intelligenz in all ihren praktischen und philosophischen Facetten beleuchtet wird.

Wunderbar spannend und zugleich äußerst intelligent gemacht.