Rezension

sprachlos

Das goldene Ei - Donna Leon

Das goldene Ei
von Donna Leon

Bewertet mit 4 Sternen

Commissario Brunetti soll für Vice-Questore Guiseppe Patta mithilfe seiner Verbindungen Informationen besorgen, damit Patta seinem Freund, dem Bürgermeister, einen Gefallen tun kann. Keine große Sache für Brunetti, was er aber Patta nicht auf die Nase bindet. So hat er Zeit, um sich auf Paolas Bitte hin bei einem Todesfall einzuschalten. Der Tote ist ein behinderter junger Mann, den alle nur den Jungen nannten, weil keiner seinen Namen wusste. Die Brunettis hatten ihn des Öfteren in ihrer Reinigung helfen sehen.

Obwohl sein Fall eigentlich gar kein Fall ist, beschäftigt er Brunetti sehr. Er findet heraus, dass der Mann starb, weil er bunte Tabletten zu sich nahm. Versehen oder Suizideversuch? Brunetti will mehr herausfinden, stößt aber auf eine Mauer des Schweigens. Wer ist der Tote? Obwohl seine Mutter bestätigt, dass es ihr Sohn ist, scheint es den Mann nicht zu geben. Er taucht in keinem einzigen öffentlichen Register auf. Die Mutter wirkt auch nicht sehr bestürzt und lügt offensichtlich bei der Befragung.

Mit Hilfe der jungen Kollegen Pucetti und Griffoni versucht Brunetti mehr zu erfahren. Dabei fällt ihm auf, dass sie schauspielern, um Ergebnisse zu erzielen und er hinterfragt seine eigenen Vorgehensweisen. Es dauert lange, bis er die Hintergründe dieses Falles herausgefunden hat. Umso schockierter ist er, als er sie kennenlernt. Am Schluss ist der Schuldige bekannt, aber eine Verurteilung wird es nicht geben.

Brunetti und seine Familie haben ein gewohnt harmonisches Familienleben. Da ihnen Sprache so wichtig ist, schockiert sie die Sprachlosigkeit des gehörlosen Mannes und die Ursache sehr.

Es ist eigentlich kein Krimi, obwohl Brunetti ermittelt. Nein, es ist ein gesellschaftskritischer Roman. Es werden viele Themen abgehandelt: das Nichtsehenwollen, Vetternwirtschaft, Korruption, Vorurteile und Ausgrenzung. Man fühlt sich versucht, mit dem Finger auf Italien zu weisen, aber auch bei uns läuft es doch häufig so ab.

Wenn man die Bücher von Donna Leon kennt, weiß man, was einen erwartet. Sie legt Finger in Wunden, aber trotzdem merkt man, dass sie sich dem Land verbunden fühlt.

Die Geschichte hat mich beim Lesen sehr berührt und zum Nachdenken angeregt.