Rezension

Suche nach dem verlorenen Vater

Vatermal -

Vatermal
von Necati Öziri

Bewertet mit 3 Sternen

Ich bin auf diesen Roman durch die Leseprobe anläßlich der Longlist zum diesjährigen Deutschen Buchpreis aufmerksam geworden. Die Leseprobe hat mir gefallen. Die anschließende Lektüre des ganzen Romans hat mich dann enttäuscht.

Geschildert wird das Schicksal des jungen Arda. Er und seine Schwester wachsen mit ihrer Mutter in einer Stadt im Ruhrgebiet auf. Seinen Vater lernt Arda nie kennen, denn er hat die Familie verlassen und ist allein in sein Heimatland, die Türkei, zurückgekehrt. Arda wächst in prekären Verhältnissen auf. Die Mutter ist überfordert, die Schwester haut ab und wächst bei Pflegeeltern auf, mit seinen Freunden lungert Arda bekifft und ziellos auf dem Bahnhofsvorplatz herum. Arda schafft es, aus diesem Milieu auszubrechen und studiert Literatur um Schriftsteller zu werden, landet schließlich wegen einer Autoimmunerkrankung auf der Intensivstation des örtlichen Krankenhauses. Von hieraus reflektiert er sein Leben und schreibt einen Brief an seinen unbekannten Vater.

Der Leser erfährt u.a. wie die Mutter anfangs nach einem verheerenden Erdbeben in der Türkei nach Deutschland kam, und nach und nach die gesamte Familiengeschichte. Die Zeitsprünge von der der direkten brieflichen Ansprache des imaginären, unbekannten Vaters zur Vergangenheit Ardas, zur Vergangenheit seiner Familie und dann wieder zur Gegenwart auf der Intensivstation, fand ich verwirrend. Genauso verwirrend waren die die Verwandschafts- und Bekanntschaftsverhältnisse, die einzelnen Charaktere nicht immer leicht auseinanderzuhalten.

Dennoch liest sich der Roman flüssig, kommt aber m. E. nicht recht in Fahrt. Er mäandert quasi von Fragen an den Vater, warum dieser nun die Familie verlassen hat, zu Schilderungen des Schicksals der Mutter, zurück zu den Freunden, die am Bahnhof abhängen, dann wieder zur Schwester, die es nicht mehr bei der verlassenen Mutter aushält und abhaut. Mich hat das gelangweilt, umso mehr, als mich die Schicksale der Protagonisten nicht berühren konnten. Dabei ist das, was Arda, seine Familie und seine Freunde erlebt haben, zweifellos hart, man wünscht derartige Erfahrungen niemandem. Ich konnte die Geschichte jedoch nicht wirklich nachempfinden, merkwürdig emotionslos erschienen mir die Figuren. M. E. kratzt der Autor nur an der Oberfläche, ohne die Erlebnisse tiefgründig auszuleuchten.

Ich vergebe 3 Sterne.