Rezension

Surrealer Wettstreit um zwei entführte kleine Mädchen - Hochspannend. Intelligent. Ein perfekter Krimi.

Lost Girls - Was kostet ein Leben? - Angela Marsons

Lost Girls - Was kostet ein Leben?
von Angela Marsons

Bewertet mit 5 Sternen

Als die Freundinnen Charlie und Amy nicht nach Hause kommen, beginnt für ihre Familien ein wahrer Albtraum. Eine SMS lässt wahr werden, was alle befürchteten: Die zwei neunjährigen Mädchen wurden entführt. Nur das Paar, das den höchsten Betrag zahlt, wird seine Tochter wiedersehen. Das andere nicht. Längst tickt die Uhr für Detective Inspector Kim Stone und ihr Team, doch die Täter sind ihr immer einen Schritt voraus. Von Stunde zu Stunde verringert sich die Chance, die beiden unversehrt zu ihren Familien zurückzubringen. Stone gibt ihr Äußerstes, um den Fall zu lösen. Sonst muss eines der Kinder den höchsten Preis für ihr Versagen zahlen – sein Leben.

Die Autorin:

Angela Marsons ist im Black Country, einer von Bergbau und Industrie geprägten Region Englands, geboren und aufgewachsen. Mit ihrer Partnerin lebt sie auch heute noch dort. Sie arbeitete lange Jahre in der Sicherheitsbranche, schreibt seit ihrer Jugend und veröffentliche mehrere erfolgreiche Kurzgeschichten. (Quelle: Piper Verlag)

Reflektionen:

Lost Girls von Angela Marsons ist der dritte Kriminalfall für Detective Inspector Kim Stone und ihr Team. Die Fälle der Kim Stone können durchaus als stand alone gelesen werden, doch ich empfehle sie der Reihe nach, da immer wieder Verbindungen zu vergangenen Kriminalfällen hergestellt werden und die persönliche, schicksalsträchtige Story der taffen Ermittlerin immer wieder präsent wird.

Mit Silent Scream und Evil Games hat sich Angela Marsons längst in die Herzen der Krimi-Fans geschrieben. Mit starken Charakteren, einem geschickten psychologischen Aufbau und mit außergewöhnlichen Kriminalfällen, überzeugt sie spielend leicht und garantiert absolut spannende Unterhaltung.

Die knisternde Spannung, eine Handlung, die bis zur letzten Seite fesselt und ein Täter, der erst auf den letzten Seiten enttarnt wird, verantwortet ein rasantes Lesetempo.

Obwohl Kim Stone eine Eigenbrötlerin ist, niemanden an sich heranlässt, emotional kaltherzig wirkt und auch ein Lächeln nur selten ihrer Mimik entspringt, ist sie eine sympathische, wohlgeformte Figur, die ihr Team ohne vieler Worte sicher führt. Es gibt hunderte Ecken und Kanten an ihr, manchmal voller Klischees, und manchmal weit entfernt jenseits von ihnen. Angela Marsons findet stets das richtige Maß, um die taffe Figur der Polizistin Kim darzustellen, ohne die Geschichte zu überlagern. Kims furchtbare Kindheitserinnerungen schwelen im Hintergrund und sie poppen nur dann auf, wenn Flashbacks oder besonders emotionale Momente Kim in die Vergangenheit zurück katapultieren.

In Lost Girls verschwinden zwei junge Mädchen, die Kim um jeden Preis zurück nach Hause bringen will. Einziger Anhaltspunkt, der Fall ähnelt einem Entführungsfall der 13 Monate zurückliegt. Damals waren ebenfalls zwei Mädchen verschwunden und nur eines lebend zurückgekehrt. Als sich die Entführer bei den Eltern melden, wird klar, dass diese Forderungen Familien und Freundschaften für immer zerstören wird.

„Wie sehr lieben Sie Ihre Tochter? Bestimmen Sie es in Pfund. Ein gesunder Wettstreit bringt das Beste im Menschen hervor. Die Eltern, die die höhere Summe bieten, werden ihre Tochter wiedersehen. Die unterlegenen Eltern nicht. So lauten die Regeln, daran ist nicht zu rütteln. Ich melde mich wieder. Seien Sie gewiss:

Ein Kind wird sterben.“ (Zitat)

Angela Marsons stattet ihren Kriminalroman mit vielen Perspektiven aus. Man beobachtet die authentischen Ermittlungen der einzelnen Polizisten, des Verhandlers, der Profilerin, der Opferschutzbeamtin und taucht ein in die abscheulich brutale Gedankenwelt der Täter. Als Leser wird man Zeuge wie Familien zerrissen werden und Freunde zu Rivalen werden, wie die Eltern der entführten Kinder leiden und sich sogar gegeneinander ausspielen. Besondere emotional und berührend wird es, wenn die Perspektive zu den entführten, hilflosen Kindern schwenkt. Man kann die Angst und den seelischen Schmerz der Kinder mitempfinden und man hofft, bis zu Letzt.

Knackige, rasante Dialoge, wechseln sich mit intelligenten Schlussfolgerungen der Ermittler ab, die sich nicht alle ganz grün sind und sich gegenseitig Spitzfindigkeiten entgegenfeuern. Angela Marsons sprachlicher Ausdruck und Stil sorgen für den Pfeffer und das Tempo der Geschichte, die man wirklich nicht mehr aus der Hand legen kann.

Der Showdown ist Fulminat und Kim Stones Ermittlungen rücken auf den letzten Seiten überraschend einen weiteren Täter in den Fokus. Ein kleines Fünkchen überführt den Täter, doch dieser Teil kommt leider etwas zu kurz.

Fazit und Bewertung:

Lost Girls ist ein hochspannender, intelligent inszenierter Kriminalroman, der bis zur letzten Seite fesselt. Interessant und intensiv gezeichnete Charaktere, mit vielschichtigen Legenden, und ein außergewöhnlicher Entführungsfall, sorgen für ein hohes Lesetempo und zur absoluten Zufriedenheit des Lesers.

©nisnis-buecherliebe