Rezension

Sympathische Figuren, viel Liebe zum Detail - ein absolutes Wohlfühlbuch!

Die Liebe zu so ziemlich allem - Christine Vogeley

Die Liebe zu so ziemlich allem
von Christine Vogeley

Zum Inhalt

Carlotta Goldkorn, alleinerziehende Mutter einer pubertierenden Tochter, hat den schönsten Beruf der Welt: Sie ist Kuratorin des Gayette-Museums im heimeligen Fichtelbach, dessen exzentrischer Gründer so ziemlich alles gesammelt hat, was er mochte. Und so sind hier Bonbonarmbänder neben etruskischem Goldschmuck, berühmte Gemälde neben Kinderzeichnungen zu sehen. Highlight der Sammlung ist jedoch zweifellos die Sammlung großflächiger Gemälde des berühmten Malers Jasper Johansson.

Als dessen Urenkel, Gösta Johansson, für eine Sonderausstellung aus Schweden anreist, ist es zwischen ihm und Carlotta Liebe auf den ersten Blick. Zusammen verbringen sie wunderbare Tage in Göstas schwedischem Sommerhaus, wo sie bald eine spannende Entdeckung machen, die die Kunstwelt auf den Kopf stellen könnte. Gemeinsam begeben sie sich auf die Spuren einer faszinierenden Persönlichkeit.

Währenddessen bleibt auch in Fichtelbach die Welt nicht stehen, und Carlottas in der Heimat gebliebene Lieben haben so ihre ganz eigenen Probleme und Geheimnisse...

Meine Meinung

Der Schreibstil ist sehr lebendig und eloquent mit viel Liebe zum Detail und viel Bildsprache, liest sich aber dennoch sehr luftig-locker, so dass man förmlich durch das Buch fliegt. Auch wenn es hier viele ernste Themen gibt, schwingt doch meist ein heiterer Grundton mit, und ich musste an der ein oder anderen Stelle doch mal lachen oder schmunzeln, was bei mir sonst nicht so oft der Fall ist beim Lesen.

Die Autorin selbst bezeichnete in der Leserunde, in deren Rahmen ich das Buch gelesen habe, ihren Schreibstil u. a. als „barock“, was sehr treffend ist, denn tatsächlich wirkt die gesamte Handlung sehr überladen. Mehr als einmal dachte ich mir bei einer neuen Enthüllung, einem neuen Handlungsstrang: „Na jetzt isses aber langsam zu viel – das musste jetzt doch eigentlich nicht mehr sein.“. Und trotzdem: Es passt einfach! Ich kann es nicht erklären - rational betrachtet war mir die Geschichte eigentlich zu überladen mit zu vielen Nebensträngen und Geheimnissen und Begebenheiten, aber es war insgesamt einfach stimmig und hat nicht gestört, sondern die Geschichte noch zusätzlich belebt.

Interessant fand ich übrigens, dass die im Klappentext angekündigte Love Story schon nach wenigen Kapiteln ihr Happy End findet und der Roman hier eigentlich erst richtig losgeht. Das hatte ich nicht erwartet, hat mir aber wirklich gut gefallen! Die beiden anfänglichen Protagonisten Carlotta und Gösta treten ab da ein bisschen in den Hintergrund und machen Platz für weitere Figuren und Handlungen, so dass man das Gefühl hat, von Seite zu Seite wird es bunter, lebendiger, vielfältiger.

Die Hauptfiguren, von denen es reichlich gibt (Kommt natürlich darauf an, wen man selbst zum Protagonisten und wen zur Nebenfigur erklärt.), sind eigentlich allesamt auf Anhieb sympathisch. Auch hier dachte ich mir erst: „Das gibt’s doch nicht, ich mag die alle, das ist ja schon fast langweilig, das geht doch nicht!“, aber auch hier das gleiche Phänomen: Es ist einfach stimmig. Echte Bösewichte gibt es keine, nur ein paar – sagen wir mal – unangenehme Charaktere. Und selbst denen konnte man teilweise noch Positives abgewinnen.

Mich persönlich hat es wirklich gefreut, dass dem Museum so ein hoher Stellenwert eingeräumt wurde, da ich mich sehr für Museumsarbeit interessiere. Das kuriose Museum, in das sicherlich jeder nach dieser Lektüre sofort hineingehen möchte, wird detailreich beschrieben, man macht Rundgänge, schaut sich mit den Figuren Werke an und erforscht mit Carlotta und Gösta die spannende Biographie des lange verstorbenen Museumsinhabers, August Gayette, seines Künstlerfreundes Jasper Johansson und dessen Frau Lovisa. Man spürt förmlich die Neugier, Ergriffenheit und Aufregung, wenn die beiden mal wieder etwas entdeckt haben, und wird davon richtig angesteckt.

Überhaupt kommen Emotionen hier nicht zu kurz. Liebe, Lust, Sehnsucht, Verzweiflung, Wut, Freude – hier kommt nichts zu kurz. Barock eben – und wie gehabt dennoch stimmig.

„Die Liebe zu so ziemlich allem“ ist ganz klar ein Wohlfühlbuch, in das ich eingetaucht bin wie in ein schönes, heißes Schaumbad. Der tolle Schreibstil, die sofort vertraut wirkenden und detailreich gezeichneten Figuren und das (wechselnde) Setting in Deutschland und Schweden schaffen eine angenehme Atmosphäre für den Leser, und ich habe es wirklich bedauert, als das Buch zu Ende war.