Rezension

Tabor Süden ist wieder da

Lichtjahre im Dunkel -

Lichtjahre im Dunkel
von Friedrich Ani

Bewertet mit 4 Sternen

Der 48-jährige Schreibwarenhändler Leo Ahorn, der die Schreibwaren fast vollständig abgeschafft hat und statt dessen bestellte Pakete ausgibt, ist verschwunden. Seine Frau Viola, 42, die jedem der nach ihm fragt erzählt, er sei in Dinslaken und kümmere sich um einen todkranken Freund, beauftragt den Münchner Privatermittler Tabor Süden, obwohl er ihr zu teuer erscheint, mit der Suche nach ihrem Mann und der Aufklärung seines mysteriösen Verschwindens. Warum zeigt sie sein Verschwinden nicht bei der Polizei an?

 

Die Geschichte ist in vier Teile gegliedert, die die verschiedenen Seiten der Nachforschungen von Privatdetektiv Tabor Süden bzw. der polizeilichen Ermittlungen der Oberkommissarin Fariza Nasri aus den verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Obwohl, wie ich finde, beides hier nicht im Mittelpunkt steht, sich aber hervorragend ergänzt.

Eher sind es die Menschen, die ich hier kennenlerne, die sehr genau und detailliert beschrieben und aus verschiedenen Situationen heraus betrachtet werden. Eine Milieustudie, die mir besonders gefallen hat, bringt mich in die Stammkneipe von Leo Ahorn, das Blaue Eck. Hier bekomme ich einen besonders guten Eindruck von den Menschen, mit denen sich Leo in seiner Freizeit umgibt.

Tabor Süden beschäftigt sich im ersten Teil der Geschichte sehr intensiv mit Viola und Leo Ahorn und ihrem gemeinsamen, in letzter Zeit eher nebeneinander her geführten Ehe- und Privatleben. Auch ihre unerfüllten Wünsche, Lebensträume, nicht voran gehende Zukunftsaussichten und der schleichende Niedergang des Schreibwarenladens spielt eine Rolle. Erst ab dem Ende des ersten Teiles nimmt die Geschichte Fahrt auf und es wird spannender. Viola ergießt sich in Selbstzweifel und -vorwürfe. Georg Kramer, den ich im Blauen Eck kennengelernt habe, wird zum Verdächtigen. Sein ihm bisher unbekannter Halbbruder aus der Berliner Unterwelt taucht auf und sorgt für einige Wendungen im Geschehen. Ganz langsam beginne ich die Zusammenhänge zu verstehen und zu durchblicken. Die Auflösung der Verwirrungen hat mich dann doch wieder etwas überrascht.

Mag die ganze Geschichte noch so ungewöhnlich scheinen, passt der ebenso ungewöhnliche Schreib- und Erzählstil von Friedrich Ani hier absolut dazu. Ich liebe den eindrucksvollen, mich total vereinnahmenden Erzählstil des Autors schon seit Jahren und seine bildhaften Schilderungen, seine eigenen Wortschöpfungen machen das Lesen wie immer zu einem wahren Genuss. Auch wenn die Geschichte nicht vor Spannung strotzt – es ist ja auch kein Krimi sondern ein Roman – fesselt mich der einmalige Stil an jede einzelne Seite. Gerade dieser Stil macht auch die so verschiedenen Charaktere mit ihren tragischen Schicksalen zu etwas ganz besonderem.

 

Eine interessante Geschichte mit einem meiner Lieblingsermittler. Absolut empfehlenswert für Leser, die das Besondere schätzen.