Rezension

Temporeich, blutig und bewegend

Der Knochenwald -

Der Knochenwald
von Christina Henry

Bewertet mit 4 Sternen

Seit Sleepy Hollow komm ich an den Werken von Christina Henry nicht mehr vorbei.
Und bereits nach dem Geisterbaum war meine Freude auf den Knochenwald extrem groß.
Natürlich musste ich direkt danach greifen.

Der Schreibstil ist auch hier wieder unglaublich fesselnd und bildgewaltig.
Dazu erschafft sie eine sehr düstere und unheimliche Atmosphäre, was unglaublich gut zum Setting passt.
Im Fokus stehen mehr oder minder William und Mattie. Dabei erfährt man die Perspektive von Mattie, was ihr sehr viel Raum und Tiefe verschafft.
Mattie ist in meinen Augen eine großartige Protagonistin. Zerbrechlich, unverwüstlich und stets auf der Hut vor den Schatten und Dämonen in ihrem Leben.
William ist ein Protagonist, der etwas blass daherkommt, aber trotzdem mit seiner Präsenz ununterbrochen in Atem hält.
Eine Bedrohung, die quasi immer im Raum steht.
Dieser Roman kommt mit wenigen Charakteren aus, aber genau darum brennen sie sich auch so tief unter die Haut.
Es ist erstaunlich und faszinierend zugleich, was für eine intensive Bindung man zu Ihnen aufbaut. Ich hab so sehr mit Ihnen gelitten und gefühlt.

Die Story selbst hat mich sofort begeistert. Man taucht in diesen dunklen und unheimlichen Wald ein, mit all seinen düsteren Geheimnissen, Schatten und Dämonen, und man möchte und kann sich einfach nicht daraus lösen.
Vor allem diese unheimliche widernatürliche Präsenz hat mich fasziniert. Es ist da und trotzdem auch wieder nicht. Man hat das Gefühl, dem Tod und zugleich einem Beschützer zu begegnen.
Die Hintergründe in diesem Werk haben mich enorm berührt, aufgerüttelt und erschüttert.
Es trug so viel Schmerz, Verzweiflung und tiefsitzende Angst in sich. Durchtränkt mit abgrundtiefer Bösartigkeit, einer grenzenlosen Manie und Missbrauch in unterschiedlichster Form.
Man erlebt so viel Grausamkeit auf so unterschiedlichen Ebenen, dass man einfach nur zutiefst entsetzt am Boden liegt.
Dies alles zu erfahren und zu realisieren, hat mich zutiefst schockiert und am Glauben zweifeln lassen.
Und plötzlich ist da ein Licht, Hoffnung und du hast das Gefühl, vielleicht doch wieder atmen zu können. Doch zu welchem Preis?

Christina Henry bindet so viele Elemente gekonnt zusammen. Sie zeigt uns einen Schrecken, der von einem anderen Schrecken abgelöst wird. Und trotzdem haben sie beide nicht diese bösartige Präsenz.
Stattdessen ist da auf verquere Art und Weise ein Schutz, den man unmöglich erklären kann oder gar selbst greifen kann. Es ist eher ein Gefühl, dass dich ununterbrochen hält und ja, auch irgendwie erdet.
Sie erzählt von Monstern. Von unsichtbaren und sichtbaren. Von denen, die tief in dir verankert sind, dich selbst nicht nur verändern, sondern sogar auf irgendeine Art und Weise ausmachen. Sie spielt darüber hinaus sehr gekonnt mit den psychologischen Aspekten und zeigt damit, dass Einsamkeit nichts Schlechtes sein muss. Sie zeigt aber auch, dass man niemals verloren ist, auch wenn man es längst glaubt.
Es wird mitunter etwas blutig, aber vor allem macht es unglaublich viel mit dir.
Die Autorin wirft viele Fragen in den Raum und geht gleichzeitig auf sehr sensible Themen sehr einfühlsam ein.
Mir hat diese Story unglaublich gut gefallen. Ich muss aber auch sagen, dass ich mir hier noch einen Epilog gewünscht hätte, der das Ganze noch runder für mich gemacht hätte.
Obwohl es einen schönen Abschluss hatte, hat mir einfach noch etwas gefehlt.

Fazit:
Auch mit dem Knochenwald konnte mich Christina Henry unglaublich begeistern, in Schockstarre versetzen und sehr tief berühren.
Temporeich, blutig und bewegend.
Eine Story , die so viel Wahrheit und Hoffnung in sich trägt, dass sie in der Lage ist, all die Monster und Dämonen zu besiegen.
Definitiv eine Leseempfehlung