Rezension

Thesen von Welt und Leben

Für den Herrscher aus Übersee - Teresa Präauer

Für den Herrscher aus Übersee
von Teresa Präauer

Bewertet mit 4 Sternen

„Ferne Lande!“, ruft der Großvater.

Es ist Sommer. Zwei Kinder, Geschwister, sind bei den Großeltern untergebracht, während die Eltern eine Weltreise unternehmen. Jeden Tag kommt eine Karte an. Wenn die Karten reihum im Zimmer an der Wand hängen sind die Eltern wieder zurück.

„Der Bruder und ich“ sind zwei. Sie gleichen sich bis zum Dreck unter den Fingernägeln. Ihr Alter ist unbestimmt. Obwohl sie vom Großvater und den Vögeln, die zu Hauf auf dem Hof der Großeltern leben, lesen lernen, wirken sie in ihrer Art zu denken fast wie Erwachsene.

Gar nicht liebevoll geht es zu auf dem Hof. Der Großvater schießt schon mal mit der Schrotflinte, hackt dem Lieblingshuhn den Kopf ab  und liefert sich so manches Scharmützel mit der Großmutter.

Ganz anders ist er wenn er von seiner großen Liebe zu der Japanerin berichtet. Damals als er der Größte, der Tapferste, der Dunkelste war. Zwischen Himmel und Erde hat er seine große Liebe gefunden, zärtlich erzählt er von einer Gestalt, die gar nicht greifbar ist. Mitten ins Herz war er getroffen, blumig und verklärt sind seine Schilderungen.

Am Hof kümmern sich die Kinder gemeinsam um die Vögel, sammeln die Hühnereier und wollen ein Kuckucksei ausbrüten. Nicht immer ist es gut dass die Geschwister „zwei“ sind, denn das bedeutet die Mühsal des Teilens.
Und fliegen lernen sie auch, die Kinder. „Fliegen, fliegen, fliegen!“, ruft der Großvater, sie üben mit aberwitzigen Flugvorrichtungen, immer wieder beobachtet von „der Fliegerin“ mit ihren Vögeln in V-Formation. Waghalsig bis zum Schluss sind sie die Kinder, von oben sieht die Fliegerin zwei alte Menschen und ein Kind, das ein verletztes verkleidetes Kind tragen sowie zwei junge Menschen mit Koffern die Straße entlang kommen. Die Eltern sind zurück.

Nicht immer ist klar, was in dieser Geschichte echt und was der Fantasie der Kinder oder des Großvaters entspringt.
So wie die unzähligen Karten der Eltern Landschaften, Flüssen, kleinen Explosionen, laufenden Kindern, riesigen Tieren, tauchenden Vögeln, fliegenden Fischen und splitternackten Frauen im Gras zeigen, bunte Sammelsurien, so müssen wir uns auch als Leser wohl zusammenreimen, was das alles miteinander zu tun hat.