Rezension

Tiefsinnig und verstörend

Störfall - Christa Wolf

Störfall
von Christa Wolf

Christa Wolf, eine der bekanntesten Literaturschaffenden der DDR, thematisiert in "Störfall" den Tag des Bekanntwerdens des Reaktorunfalls in Tschernobyl.

Die im Buch namenlos bleibende Ich-Erzählerin setzt sich mit dem Verarbeiten einer solchen Nachricht auseinander und stellt die Frage, welchen Fokus der Mensch in solch einer Situation setzt und wie er den Tag angesichts der drohenden Gefahr verbringt. Zentral sind die Hilflosigkeit und die Flucht in alltägliche Arbeiten, die so weit gehen, dass die drohende Gefahr fast gänzlich in den Hintergrund tritt. Für die Ich-Erzählerin typisch ist die Flucht - Flucht vor den möglichen Folgen der atomaren Katastrophe und Flucht vor der lebensbedrohlichen Gehirnoperation ihres Bruders (welcher den zweiten zentralen Erzählstrang des Buches darstellt). Die Flucht bleibt aber immer geistig, was wiederum die Hilflosigkeit des Individuums wiederspiegelt. 

Bemerkenswert ist, dass im ganzen Buch das Unglück (Reaktorkatastrophe von Tschernobyl) nie expliziet gennant wird, es aber dennoch immer klar ist, worum es geht. Wolf wechselt zwischen der Verarbeitung der Reaktorkatastrophe und der Verarbeitung der Gehirnoperation des Bruders - das kann man mögen oder auch nicht. Das Buch ist literarisch wertvoll, man muss den Stil von Christa Wolf aber mögen, und das tun eben nicht alle. Ich finde den Titel "Störfall" überaus passend, weniger wegen Tschernobyl, eher wegen des zweiten Erzählstrangs. Mich persönlich hat die Beschreibung der Gehirnoperation tatsächlich "verstört" und mir hat das Buch nicht gefallen.

Fazit: Tiefsinnige Erzählung über den im Angesicht der Katastrophe hilflosen Menschen, die (leider) nicht jedem Leser gefallen wird.