Rezension

toll

Der Rumtreiber - Karsten Berndt

Der Rumtreiber
von Karsten Berndt

Bewertet mit 5 Sternen

== Buchbeschreibung: ==

1966 in Ostberlin geboren, wächst der Autor im Ostberliner Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg auf und ist im Grunde auf sich gestellt. Er stellt jede Menge Unsinn an und lebt zeitweise auf der Straße.

Mit 18 Jahren gelingt ihm 1984 eine spektakuläre Flucht in den Westen. Dort wird er Fluchthelfer und kehrt mit falschem Pass zurück in die DDR und wird schließlich festgenommen und zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt, die er dann im Isolationstrakt für Spione, in Bautzen II teilweise verbüßen muss. (quelle: lovelybooks.de)

== Buchrückentext: ==

Dieses Buch erzählt vom Alltag eines Jungen, der mit seinen vier Geschwistern im Prenzlauer Berg, einem Arbeiterbezirk in Ost-Berlin, aufwächst und jede Menge Unsinn anstellt. 

Es ist die Zeit des Kalten Krieges und der sozialistischen Erziehung in der DDR. Sein Vater ist Lkw-Fahrer, der die Familie mit allerlei Dingen versorgt, die sich bei der Auslieferung abzweigen lassen. So lernt er schon früh, wie man sich durchs Leben schlägt. 

Seine Eltern kümmern sich kaum um ihn. Er treibt sich herum, klaut und lebt als Jugendlicher zeitweise auf der Straße. 

Nach Abschluss seiner Lehre als Autoschlosser, gelingt dem gerade volljährig Gewordenen eine spektakuläre Flucht in den Westen. In West-Berlin lernt er den bekannten Fluchthelfer Jürgen Fürch kennen. Er erfährt von ihm alles über Fluchthilfe und beginnt damit, auf eigene Faust DDR-Bürger in den Westen zu holen. 
Wenige Monate nach seiner eigenen Flucht aus der DDR, reist er mit falschem Pass illegal nach Ost-Berlin ein und trifft sich dort mit seinem Bruder und Freunden. 
Als Transitreisender wird er schließlich von der Staatssicherheit gefasst und in Ost-Berlin zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt. 

Nach 27 Monaten Haft in Berlin-Hohenschönhausen und in Bautzen II wird er von der Bundesrepublik freigekauft und wieder nach West-Berlin gebracht.

 

== Leseeindruck: ==

Dieses Buch beschreibt die wahre Lebensgeschichte des Autors: Wie er im Osten aufgewachsen ist, seine Flucht, seine Gefangenschaft.

Ich bin ja selbst nicht in er DDR aufgewachsen, sondern eben im West geboren und habe auch immer nur hier gelebt. Da meine Mama aber in Ost-Berlin (Malchow) geboren ist, lange vor dem Mauerfall aber zu meinem Vater in den Westen gezogen ist, hat sie natürlich Freunde dort zurück gelassen, die wir regelmäßig eben über die Transitstrecke besuchen konnten. Sie war ja kein Flüchtling, sondern eben irgendwann in den 1950er Jahren nach Mannheim gekommen.

Viele Dinge, die in dem Buch beschrieben werden, kannte ich von unseren Besuchen her schon, dass man eben nicht jedes Lebensmittel zu jederzeit im Überfluss hatte. Das eben Tauschwaren die wichtigsten Devisen waren und eben solche Partei-Zugehörigkeitsgeschichten und Sportlerambitionen wie sie in dem Buch beschrieben werden.

Was mir völlig neu war, war dass man West Fernsehen empfangen konnte und dass es unterirdische Kellergänge gab, die das gesamte Karre miteinander verbanden, so wie es im Buch beschrieben wird. Spannend zu lesen. Aber auch, dass viele dort quasi klauten und somit kleinkriminell waren, war mir fremd. Ich dachte immer Kriminaliät gab es in der DDR nicht und wenn, dann in Zwangserziehung oder so. Aber dass die Nachbarn noch wegsahen ... ich dachte immer unter jedem Nachbar war ein Stasi Spitzel.

Ich bin Jahrgang `69 und wenn die Söhne meiner Mutters Freundinnen inzwischen regelmäßig zu uns zu Besuch kommen (und die sind z.T. dein Jahrgang `66) dann frage ich immer noch: Wie war das damals und wie war das .... Weil ich viele Dinge so unglaublich finde. Das Buch gibt Aufschluss darüber.

Ich tauche in diesen Erzählungen richtig tief ein, auch weil es eben aus der Ich-Perspektive erzählt wird und nicht in der 3. Person von jemand anderem. Ich liebe solche autobiographischen Erlebnisse. Der Schreibstil ist so, als würde ich ein Tagebuch lesen, ausser eben ohne die Tag-Angaben. 

Nachdem der Autor also erfolgreich geflüchtet war, versucht er sich selbst als Schleuser, bis er irgendwann gefangen genommen wird und in Bautzen absitzen muss.
Nach gefühlter Ewigkeit wird er in die BRD entlassen mit der Auflage die DDR nie wieder zu betreten. Erst nach der Wende wieder, traute er seine Füße auf Ost-Berlins Boden zu setzen.

Diese Geschichte hat mich sehr berührt, ist packend und fesselnd verfasst und gibt sehr viele Einblicke in ein Leben, welches wir Deutschen aus den alten Bundesländern uns niemals vorstellen hätten können.

 

by esposa1969