Rezension

Über die Verwüstungen des Krieges

Aenne und ihre Brüder -

Aenne und ihre Brüder
von Reinhold Beckmann

Bewertet mit 5 Sternen

Es handelt sich um ein anspruchsvolles Sachbuch aus dem Propyläen-Verlag, der hochwertige Bücher aus Geschichte, Zeitgeschichte, Politik und Kultur verlegt. Im Epilog zieht der Autor treffend die Parallele zwischen der von ihm dargestellten Geschichte seiner Familie und der gegenwärtigen Angst ukrainischer und russischer Eltern, dass ihre Kinder aus dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine nicht mehr lebend nach Hause kommen. Ein Buch also, „das genau zur richtigen Zeit kommt“ (so ein dem Buchrücken entnommenes Zitat). Aus den gesammelten Feldpostbriefen seiner vier Onkel mütterlicherseits, geschrieben an ihre Schwester während ihrer verschiedenen Stationen als Soldaten im Zweiten Weltkrieg, vielen Gesprächen des Autors mit seiner Mutter sowie anderen Familienmitgliedern und Zeitzeugen aus ihrem Heimatort hat Reinhold Beckmann die tragische Geschichte seiner Familie, die ähnlich viele andere Familien auch erlitten haben, in der Zeit zwischen den Weltkriegen und während des Zweiten Weltkrieges rekonstruiert. Tragisch deshalb, weil alle Brüder nicht aus dem Krieg zurückgekehrt sind und ihre besten Jahre ohne Chance auf eine gute Zukunft als Soldaten im Feld stehen mussten. Die Briefe geben gut ihre ureigenen Einstellungen zum Krieg wieder. Seine Mutter hat anders als viele ihrer Zeitgenossen nie über diese Zeit geschwiegen und das Andenken an ihre Brüder stets hochgehalten, so dass ihr Neffe sie trotzdem kennenlernen durfte. Eingearbeitet in und sich stetig abwechselnd mit der sehr persönlichen Geschichte sind in chronologischer Reihenfolge wichtige historische Daten und Ereignisse Nationalsozialismus und Krieg betreffend. Viel Raum widmet der Autor auch der Rolle der katholischen Kirche in dieser Zeit, dies deshalb, weil Aenne aus einem erzkatholischen Ort stammt, der sich zunächst noch gegen die NS-Diktatur behauptet hat. Es fehlt auch nicht an eigenen kritischen Kommentierungen des Autors, die aber stets sachlich bleiben. Das Tüpfelchen auf dem i sind Fotos aus Privatbesitz und Archiven sowie Auszüge einiger Originalbriefe im inneren Bucheinband.

Ein geschichtlich und persönlich herausragendes Buch.