Rezension

Übergangszeit

Transit -

Transit
von Rachel Cusk

Bewertet mit 5 Sternen

Atmosphärisch und elegant- genau meins!

Habe ich schon „Outline“, welches der erste Band einer (sort of) Reiseerzählung ist, gerne gelesen, Reihenfolge: Outline-Transit-Kudos – hat mich „Transit“ wirklich begeistert und mitgenommen. Einerseits liegt es daran, dass ich „Transit“ im englischen Original las und „Outline“ nur in der deutschen, aber gutgelungenen Übersetzung, andererseits, weil die Autorin der Protagonisten mehr persönliche Details auf den Leib schrieb.
In Outline hält die namenlose Protagonistin ein CreativeWritingSeminar ab im heißen Athen, in Transit ist sie in einem Londoner Außenbezirk auf eine Literaturlesung eingeladen und gerade eben wieder mit ihren zwei Söhnen in das kühle und regnerische London gezogen, der Vater irrt da auch irgendwie und irgendwo herum, die Eltern sind seit kurzem getrennt, die Autorin befindet sich im Aufarbeitungsprozeß.
Die Autorin Rachel Cusk erzählt zeitlich von rückwärts, jeder der drei Bände beeinhaltet einen bestimmten Zeitabschnitt im Leben der Protagonistin, in Outline ist sie neu gesettelt. So verstehe ich es jedenfalls bisher, doch Kudos steht als Lektüre noch aus.
Denn in Athen ist die Scheidung längst passé, die Kinder leben beim Vater. London war vorher, vor Athen. London ist vorher. Es könnte freilich auch umgekehrt sein; diese Unschärfe der zeitlichen Verortung macht einen Teil des Reizes dieser kleinen Reihe aus.

Jetzt. In diesem Roman "Transit". In London kauft die Protagonistin einen Teil eines Hauses. Bei der Wahl zwischen „ein tolles, komfortables Haus in schlechterem Milieu gelegen und einem Haus mehr oder weniger in progress, aber in guter Umgebung, wählt sie letzteres. Eine schwierige Wahl, denn die Mieter im unteren Stockwerk erweisen sich nicht nur nicht als umgängliche Menschen, sie sind echte Kotzbrocken. Der Umbau des oberen Stockwerks wird zum Albtraum.
Die Protagonistin ist ein Mensch, der dazu einlädt, sein Herz zu öffnen: wildfremde Menschen erzählen ihr intime Dinge aus deren befremdlichen Dasein. Dazu rufen ständig ihre Söhne an und stören sie beim Business. Protagonistin und Autorin weisen Schnittmengen auf.  

Der Kommentar: 
Rachel Cusk hat eine leichte Erzählweise und eine überbordende Fantasie. Man kann nicht sagen, „das gibt es nicht, das kann sich so nicht zugetragen haben“, die seltsamsten Geschichten wirken irgendwie alltäglich und natürlich. 

Fazit: Ein Lesevergnügen. 

Kategorie: Anspruchsvolle Literatur: Erzählkunst
Verlag: penguin.co.uk/vintage, 2017