Rezension

Unerklärliche Selbstmorde

7 Tage -

7 Tage
von Joseph Lemark

Bewertet mit 5 Sternen

Italienisches weihnachtlich angehauchtes Flair gekonnt verwoben mit rätselhaftem Verbrechen

„Sieben Tage“ von Joseph Lemark ist bereits der sechste Band der Kriminalroman-Reihe mit dem ehemaligen Kriminalbeamten Major Josef Vierziger alias Giuseppe Quaranta als Zentralfigur, und der dritte, der in Apulien spielt. Wiederum hat Dottor Quaranta einen rätselhaften Fall zu lösen, mit überraschenden Wendungen und mit vor allem kulinarisch fühlbarem Italien-Flair.

Klappentext:
Kurz vor Weihnachten erschüttert eine Serie von Selbstmorden prominenter Bürger die apulische Kleinstadt Ostuni. Josef Vierziger vulgo Dottor Quaranta glaubt nicht an Zufälle. Ist ein Machtkampf im organisierten Verbrechen im Gange? Oder steckt etwas ganz anderes dahinter? Dottor Quaranta ist persönlich betroffen und kommt Ungeheuerlichem auf die Spur.

Das Cover verdeutlicht: sieben Tage, das ist der Zeitraum, der in diesem Krimi eine große Rolle spielt. Diese große rote Zahl sieben auf weißem Grund ist ein Eye-Catcher und macht neugierig. Die Kapitel sind angenehm kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Der Krimi erschien 2023 und spielt in der Gegenwart während der Adventzeit. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und durch immer wieder vorkommende italienische Begriffe und Phrasen wird das italienische Flair unterstrichen; ebenso durch Erwähnung von Sehenswürdigkeiten und örtliche Besonderheiten, insbesondere auch durch die köstliche italienische Kulinarik. Die Lektüre macht Appetit auf südländische Köstlichkeiten. Im Glossar finden sich im Übrigen die Übersetzungen für nicht italienische sprechende Leser. Für Backfreudige gibt es zudem ein paar für die Region typische Rezepte für Weihnachtsbäckerei.

Ich verfolge die Serie seit Band 3, seit jenem schicksalshaften Vorfall, der Dottor Quaranta letztlich nach Apulien verschlug. Jeder Roman ist ohne Kenntnis der Vorgängerbände problemlos verständlich, dank erklärender Hinweise auf Vorkommnisse aus Quarantas Vorleben bzw. zu früheren Fällen. Ich würde dennoch empfehlen, auch die Vorgängerbände zu lesen, nicht nur um den Protagonisten in seiner gesamten Persönlichkeit zu erfassen, sondern ganz einfach, weil es spannende Geschichten sind, die auch eine andere Seite Italiens zeigen.

Gleich im ersten Kapitel wird man Zeuge eines Selbstmords. Wie sich bald herausstellt, ist dies nicht der einzige innerhalb kurzer Zeit. Als Dottor Quaranta davon erfährt, macht ihn das sofort stutzig. Als ehemaliger Hauptkommissar wittert er sofort Zusammenhänge. Im Nu ist er wieder einmal in einen rätselhaften Fall involviert. Seine inoffiziellen Recherchen bringen immer mehr Details zutage, zeigen wieder einmal, wie sehr das Leben in Italien mit der Mafia durchsetzt ist. Nur mühsam fügt sich Puzzlesteinchen zu Puzzlesteinchen. Natürlich gerät er in brenzlige Situationen, ebenso seine Partnerin Franca Bonfiglia, Hauptkommissarin und Chefin der Antimafiabehörde. Der Fall ist komplex. Was verbindet die alten Männer, die nicht aus eigenen Stücken Selbstmord begingen, sondern dazu erpresst wurden? Wo liegt das Motiv? Da gibt es so einigen Freiraum zum Miträtseln und zum Aufstellen eigener Theorien. Die Spannung hält sich kontinuierlich auf gutem Niveau, bis letztens doch einigermaßen überraschend das Geheimnis gelüftet und der Täter von der Polizei gefasst wird.

Mit Dottor Quaranta/Josef Vierziger hat der Autor eine sehr facettenreiche Persönlichkeit geschaffen. Er strahlt eine gewisse Ruhe aus, muss aber als Vollblutkommissar rätselhaften Dingen einfach auf den Grund gehen. Er ergreift die Initiative, recherchiert aktiv, mit Bedacht und durchaus empathisch, aber stets zielstrebig, geradlinig, vertrauenserweckend. Er ist kein Superheld, aber ein routinierter Ermittler, einfühlsam und mit einem guten Gespür. Manchmal ist er ein wenig zu risikobereit, fast leichtsinnig in seinen Aktionen. Dottor Quaranta ist ein sympathischer Mensch, mit einer romantischen Ader, sehr rücksichtsvoll und fürsorglich seiner Partnerin gegenüber, und – was mich immer etwas neidisch stimmt – sehr häuslich und zudem ein exzellenter Koch. Wie ich Franca immer um all die Köstlichkeiten beneide, die er für sie zaubert! Franca ist ein eher schwieriger Charakter mit allerlei Geheimnissen, dennoch passen sie als Paar gut zusammen. Aber nicht nur die beiden wirken authentisch und lebendig, sondern auch die diversen Nebenfiguren sind gut vorstellbar gezeichnet, deren Aktionen durchaus nachvollziehbar.

„Sieben Tage“ verkörpert wiederum das vor allem süditalienische Ambiente, und verbindet gekonnt ein bisschen Weihnachtsflair und Wohlfühlklima mit der allgegenwärtigen Präsenz mafiöser Machenschaften in dieser Region und mit anderen Untaten. Mir hat das Buch wiederum spannende Lesestunden beschert und ich freue mich schon auf die Fortsetzung.  Von mir gibt es 5 Sterne.