Rezension

Ungewöhnlicher Berlin-Roman

Großer Bruder Zorn - Johannes Ehrmann

Großer Bruder Zorn
von Johannes Ehrmann

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Großer Bruder Zorn" von Johannes Ehrmann ist ungewöhnlich: Die Sprache, die Protagonisten. So etwas habe ich bisher noch nie gelesen - und es hat mir gefallen.

Aufgrund der ungewöhnlichen Sprache macht es Sinn, einen Blick in die Leseprobe zu werfen, um herauszufinden, ob diese doch gewöhnungsbedürftige Erzählweise für einen das richtige ist. Die Sprache hat ihre eigene Melodie - schwer das zu beschreiben. Es hört sich aber für mich aber nicht an wie die bekannte Klischee-Berliner-Schnauze. Bei der wörtlichen Rede wird auf Anführungszeichen verzichtet. Das ist alles gewöhnungsbedürftig und ich brauchte einige Zeit, mich einzulesen. Trotzdem hat die Sprache von Beginn an einen Reiz auf mich ausgeübt und das Buch zu etwas besonderem gemacht.

Rund um den fiktiven Bellermann-Platz im realen Berlin-Wedding begleitet der Leser die sehr unterschiedlichen Charaktere durch ihre Woche. Deren Geschichten werden im Wechsel jeweils in kurzen Kapiteln erzählt. Diese häufigen Perspektivwechsel führen dazu, dass sich eine gewisse Spannung aufbaut - irgendetwas wird am Ende der Geschichte passieren.

Über Authentizität und Realitätsbezug kann ich leider nichts sagen - ich finde die Charaktere extrem, teilweise vielleicht überspitzt, aber doch glaubwürdig. Ohne Berlin-Wedding persönlich zu kennen, konnte ich mich gut in die Personen, die Geschichte und den Handlungsort hineinversetzen.

Ein ungewöhnlicher Berlin-Roman - fernab von Szene-Vierteln, Start Ups und Hipstern. Definitiv lesenswert!