Rezension

Unheimlich spannend!

Wenn er mich findet, bin ich tot - Elisabeth Rapp

Wenn er mich findet, bin ich tot
von Elisabeth Rapp

Bewertet mit 4.5 Sternen

Notunterkunft, Missbrauch, Alkoholismus, Drogen- und Gewaltdelikte... Stichworte verpfuschter Leben, die mit Namen verknüpft sind, die ich mir aus Selbstschutz merke, bis mein eigener fällt.
"Tilly Krah, bald fünfzehn, die siebte von neun Kindern."
Beck zählt die Trostlosigkeiten meines Lebens auf, die sich unwesentlich von den schon genannten unterscheiden: "Vernachlässigung, Verwahrlosung, brutale Misshandlungen, diverse Heimunterbringungen, haut überall ab."
S. 11

Tilly stehen vierzehn dunkle und kalte Wochen in Finnland bevor. Zusammen mit zehn weiteren schwererziehbaren Jugendlichen soll Sie dort eine Jugendherberge aus Eis bauen. Entweder die Maßnahme "EPM", was für Erlebnispädagogische Maßnahme zur Entwicklung von Schlüsselqualifikationen wie soziale Kompetenz und Persönlichkeit" steht oder die Jugendpsychiatrie. Da viel die Wahl nicht wirklich schwer. Doch Tilly fühlt sich verfolgt. Beobachtet.
Auch im Camp verschwindet ihre Paranoia nicht.
Bruchstücke. Bilderfetzen. Panikattaken und Ohnmachtsanfälle sind die Folgen.
Bis eines Tages Sandra, die Tilly aufs Haar gleicht, tot aufgefunden wird. Erst da begreift Tilly, dass es wirklich jemand auf Sie abgesehen hat...

Elisabeth Rapp versteht es perfekt für Jugendliche zu schreiben. Und nicht nur die dürften sich von dieser Geschichte unterhalten fühlen.

Sensibel und doch eindringlich baut Rapp in unseren Köpfen das Bild von Tilly und ihrem Umfeld auf. Dieses Fingerspitzengefühl beweißt Sie uns auch sprachlich. Frech, schlagfertig und humorvoll bewegt sich unsere Tilly durch die Zeilen. Doch nicht immer. An manchen Stellen ist die Angst spürbar und zum Greifen nah - die Ohnmacht - die Schwärze. Tilly kämpft dagegen an und genau dieser Mut macht einen Teil ihrer charismatischen Ausstrahlung aus! Und so hetze ich durchs Buch, gejagt von der Spannung die mich vorantreibt - Zeile für Zeile, Seite um Seite. Dabei ziehen eisig schöne Kulissen an meinem inneren Auge vorbei, die die filmreifen Szenen untermalen.

Einzig die eingebaute Liebesgeschichte hat mich an zwei, drei Stellen gestört. Dadurch musste die Geschichte ab einer bestimmten Stelle an Dynamik und Glaubwürdigkeit einbüssen und danach folgte eine Szene die ich einfach unpassend fand. Wäre das einmal passiert, hätte ich gerne darüber hinweg gesehen. Allerdings war gerade das bei dieser rasanten Lesefahrt der Stolperstein.

Alles in allem wundere ich mich, dass dieses Buch noch nicht so viele Leser hatte wie ihm eigentlich zustehen und empfehle daher es unbedingt zu lesen!