Rezension

Unsympathischer Protagonist, gute Sprache

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit - Maggie Shipstead

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit
von Maggie Shipstead

Zuerst mal möchte ich etwas zu dem Titel sagen: Ich finde den Originaltitel so schön stimmig und auch perfekt auf den Inhalt abgestimmt, schlicht aber gut passt er perfekt dazu, doch unsere deutsche Übersetzung ist... zu lang, zu kompliziert und gerade jetzt, nachdem ich den Inhalt kenne und auch mit dem Originaltitel vergleiche, gefällt er mir nicht wirklich gut.

Den Aufbau des Buches finde ich hingegen sehr gelungen, gerade die Aufteilung in die drei Tage, an denen sich die gesamte Geschichte abspielt. Auch wie sich die Geschichte langsam steigert und die Perspektivenwechsel der Protagonisten sind wirklich gut umgesetzt.

Allerdings habe ich so meine Probleme mit den Protagonisten. Ich finde wirklich keinen von ihnen sonderlich sympathisch. Winn ist ein sturer, kleinkarierter Idiot, der so festgefahren ist und gar nicht wahrnimmt, was wirklich passiert. Seine Frau hat praktisch überhaupt keinen Charakter, sagt zu allem ja und ist immer fröhlich, selbst wenn es nicht stimmt. Livia trauert immer noch ihrem Verflossenen nach und suhlt sich geradezu darin. Agatha, eine der Brautjungfern, ist auf alles aus, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Und Dominique ist Dominique. Es gab vielleicht vereinzelt sympathische Züge, aber das wurde durch vieles, was mir persönlich wirklich aufstößt, neutralisiert. Dennoch und das möchte ich betonen, sind die Charaktere wirklich sehrauthentisch gestaltet. Es könnten Personen sein, die so existieren und leben. Daher, auch wenn ich eine persönliche Antipathie hege, gefällt mir die Protagonistengestaltung, denn sie ist vielfältig und sehr realistisch.

Im Prinzip spielt sich der gesamte Inhalt an nur drei Tagen ab, sogar eher an zwei Tagen, zumindest das, was wichtig ist. Dennoch bekommt man auch immer Einblicke in der Vergangenheit der erzählenden Personen, wodurch man sie und ihre Handlungen besser verstehen kann. Durch diese Rückblicke wird mehr Tiefe geschaffen. Insgesamt ist der Inhalt, die Handlungen, einfach alles, was passiert, sehr menschlich und natürlich. Es ist ein Ausschnitt in das Leben mehrerer Personen, es ist eine Alltagsdarstellung, wenn auch eine Hochzeit wohl nie ganz alltäglich ist.

Leider muss ich sagen, dass ich den Schreibstil von Maggie Shipstead stellenweise als sehr langatmig empfand. Gerade das erste Kapitel war in so einem Stück geschrieben, zwar mit kleineren Absätzen, aber keine großen. Ich ziehe es einfach vor, wenn es mehr Absätze gibt, weil ich mir dann auch gerne mal meine Gedanken über den letzten Abschnitt mache, aber hier war das nicht gut möglich.
Trotzdem empfand ich die Sprache als leicht und vor allen Dingen gab es wirklich starke Beschreibungen (falls es jemand lesen sollte: Die Szene mit dem Wal ist hier eine, die besonders hervorsticht und sich in das Gedächtnis einprägt).

Fazit

Dieses Buch hinterlässt bei mir gemischte Gefühle: Antipathie gegenüber den Protagonisten, stellenweise empfand ich es als zu lang, und trotzdem sind die Charaktere handwerklich gut geschaffen, die Sprache intensiv gerade in Hinblick auf einige Beschreibungen.