Rezension

Unterirdisch

DuMont Bildband Unterirdisch - Hans-Joachim Schneider

DuMont Bildband Unterirdisch
von Hans-Joachim Schneider

Kaum ein Ort löst wohl so zwiespältige Gefühle im Menschen aus, wie alles, was sich unterirdisch befindet. Ohne künstliches Licht ist es dunkel, ohne Sauerstoff ersticken wir, alles ist still und gedämpft - nichts erinnert den Menschen so sehr an den Tod, ans eigene Grab, vielleicht auch an eine Unterwelt wie ein Aufenthalt unter der Erde. Und gleichzeitig verbergen sich dort die größten Schätze, lassen sich Lebensmittel und Gefahrenstoffe dort am besten verbergen, haben wir unterirdische Bunker zum Schutz gebaut. Nichts ist so beängstigend und faszinierend zugleich wie ein unterirdischer Ort. Das erkannte auch Hans-Joachim Schneider, der uns in seinem Bildband Unterirdisch einige verborgene Orte aus ganz Deutschland vorstellt.

Manche dieser Orte sind wahre Touristenmagneten, wie etwa der alte Elbtunnel in Hamburg. Obwohl eine Freundin, die ihn zu Fuß durchquert hat, mir von dem mulmigen Gefühl erzählte, das sie dabei hatte. Andere Orte wirken wie das Setting eines Horrorfilms. Beim Betrachten des ehemaligen Kernkraftwerks in Rheinsberg sucht man unwillkürlich nach Anzeichen für Zombieaktivitäten, oder doch zumindest nach Blutspritzern an den Wänden...

Viele Orte sind verlassene Bunker, stillgelegte Stollen oder Kraftwerke und auch Tropfsteinhöhlen, aber es gibt auch die eine oder andere moderne wirkende unterirdische Stätte. Die Fotos der Orte sind ebenso faszinierend wie die erklärenden Begleittexte. Mein Lieblingsbild ist eins aus dem Schieferbau in Nuttlar. Man sieht Schienen und eine entgleiste Karre, die im bläulich schimmernden Wasser verschwinden. Der komplette tiefergelegene Teil dieses Stollens ist überflutet. Ebenso märchenhaft, aber viel düsterer sind die Bilder des Eisenerzbergwerks in Saalfeld.

Beim Betrachten der Fotos wird mir vor allem eines klar: keinen dieser Orte möchte ich alleine besuchen, obwohl oder vielleicht gerade weil sie bestens für die Recherchen zu einem Horror-Roman geeignet wären. Ein Besuch in der Gruppe? Ja, dann vielleicht. Und dann darf ich auf gar keinen Fall meine Kamera vergessen. Wer weiß, was sich so alles ablichten lässt...

(c) Books and Biscuit