Rezension

Von der Kunst, sich durchs Leben zu schummeln

Hühner Voodoo - Hortense Ullrich

Hühner Voodoo
von Hortense Ullrich

Bewertet mit 5 Sternen

Nach vier Ehen ist Gwendolyn Herzog finanziell abgesichert. Sie genießt ihr Leben und bewohnt eine elegante Jugendstilvilla . Doch dann kommt eines Tages ihr Anlageberater mit einer schlechten Nachricht zu ihr: Ihre gesamtes Vermögen wurde vom Inhaber der Firma geklaut, der damit über alle Berge verschwunden ist. Gwendolyn ist pleite. Doch anstatt ihre Habseligkeiten zu verkaufen, kommt sie durch Zufall auf die Idee, als Psychologin zu arbeiten. Gemeinsam mit Bernadette, die sich auf Hühner-Voodoo spezialisiert hat, eröffnet sie in leerstehenden Räumen ihrer Villa eine Praxis. Ihr erster Patient ist der Bestattungsunternehmer Frederick, dessen Heiratsanträge bereits mehrfach tödlich endeten. Nachdem er den letzten misslungenen Heiratsantrag allmählich verarbeitet hat, ist er wieder neu verliebt. Leider ausgerechnet in Gwendolyns Nichte Britta…

Das Cover des Buches hat mich sehr irritiert, als ich das Buch zum ersten Mal sah. Worum soll es denn in einem Buch mit einem Gummihuhn auf dem Cover gehen? Aufgrund des Autorinnennamens habe ich mir dann aber den Klappentext durchgelesen, denn vor einigen Jahren war ich ein großer Fan der Jojo-Buchreihe von Hortense Ullrich. Weil der Klappentext eine humorvolle Geschichte versprach, entschloss ich mich, das Buch trotz des mich nicht ansprechenden Covers zu lesen – und wurde positiv überrascht!

Das Buch fällt direkt mit der Tür ins Haus: Gwendolyn ist pleite und fällt damit aus allen Wolken. In dieser schockierenden Situation lernt der Leser Gwendolyn kennen. Ich stellte mir gleich die Frage, wie sie diese Nachricht wohl verdauen wird. Wird sie alles verkaufen und ein bescheideneres Leben beginnen? Hier musste ich gleich lernen, dass Gwendolyn für die eine oder andere Überraschung gut ist. Sie denkt nämlich gar nicht daran, irgendetwas zu verkaufen. Stattdessen überlegt sie gleich, wie das Geld für die zehn kostenlosen Therapiesitzungen, welche die Firma aus einem Fonds finanzieren kann, in ihrer eigenen Tasche landen kann.

Diese freche, aber auch irgendwie liebenswerte und humorvolle Kaltschnäuzigkeit ist es, die den Leser durch das ganze Buch begleitet. Gwendolyn beginnt, sich durchs Leben zu schummeln. Sie gibt sich in Hotels als Gast aus, um kostenloses Essen zu genießen, gibt Geschenke weiter und stellt sie in Rechnung und ernennt sich selbst schließlich zur Psychologin, um ordentlich abzukassieren. Ihre Komplizin dabei wird die Hühner-Voodoo-praktizierende Bernadette – wobei ich mir hier immer wieder die Frage stellen musste, ob Gwendolyn Bernadette nicht nur duldet und in ihr Geheimnis eingeweiht hat, um auch sie schamlos auszunutzen. Mit ihrer lieben und unschuldigen Art konnte Bernadette meine Sympathien gewinnen. Doch auch sie hat es eigentlich faustdick hinter den Ohren!

Echte Gefühle zeigt Gwendolyn erst, als ihre Nichte Britta zu ihr zieht und sich in Frederick verliebt, dessen bisherige Freundinnen immer unmittelbar nach seinem Heiratsantrag verstarben. Gwendolyn wäre zwar froh, wenn Britta endlich wieder ausziehen würde – aber einen Heiratsantrag von Frederick, dass kann sie dann doch nicht zulassen! Mit diesem Entschluss bringt sie das Leben aller Beteiligten gehörig durcheinander und sorgt für gehörige Turbulenzen.

Neben Gwendolyns, Bernadettes und Brittas Perspektive erzählt die Geschichte auch einige Szenen aus der Sicht Fredericks und anderer Nebencharaktere im Bestattungsunternehmen. So erfährt der Leser mehr über Fredericks Leben und die Vorgänge in seinem Unternehmen, in dem sehr skurrile Gestalten ein- und ausgehen. Ob Frederick es wohl wirklich mit einem Fluch zu tun hat?

„Hühner-Voodoo“ ist ein humorvolles Buch voller skurriler Gestalten, das garantiert für unterhaltsame Lesestunden sorgen wird. Gwendolyns Art, sich durchs Leben zu schummeln, konnte mich ebenso unterhalten wie ihr „Fall“ Frederick und die Vorgänge im Bestattungsunternehmen. Geeignet ist das Buch für Leser jeden Alters. Wer eine lockere Lektüre sucht, dem kann ich dieses Buch empfehlen!