Rezension

Warten auf Gewitter

Kleine Schwester - Barbara Gowdy

Kleine Schwester
von Barbara Gowdy

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch stand völlig unverschuldet einige Jahre ungelesen bei mit herum und ich dachte schon, ich habe das Interesse verloren. Aber glücklicherweise habe ich es nun endlich doch noch gelesen und ich muss sagen, ich war positiv überrascht!

Worum geht es hier? Rose – eine junge Frau und Erbin eines alten Kinos, das mehr Geld frisst als es einbringt – zweifelt an ihrem Verstand, als sie sich im Kopf einer fremden Frau wiederfindet. Zwar kann sie sich nicht bemerkbar machen, aber sie fühlt mit ihr und erlebt Dinge, die sie selbst noch nicht erlebt hat. Die "Episoden", wie Rose es nennt, kommen immer wieder, und Rose fühlt sich involviert in das Leben dieser eigentlich Fremden, die vor einigen wichtigen Lebensentscheidungen steht und ihrer verstorbenen Schwester unheimlich ähnlich sieht.

Gowdy verknüpft in dieser skurrilen aber doch ernsten Geschichte geschickt die Vergangenheit und Gegenwart von Rose. Wir lernen Rose kennen, die eigentlich ein wunderbar unspektakuläres Leben führt – wenn da nicht die Episoden wären. Nebenbei blicken wir in ihre Kindheit und nähern uns dem Moment, in dem ihre Beständigkeit und Tiere über alle liebende kleine Schwester gestorben ist. Auch die restlichen Figuren sind sympathisch und nicht überzeichnet, wenn auch hin und wieder etwas wunderlich.

Ich war sehr angetan von der gelungenen Mischung aus realen Problemen und surrealen Erlebnissen. Die Handlung des Romans mag absurd klingen, aber eigentlich thematisiert er – ohne Frage auf besondere Weise – ganz konkrete Themen wie ungewollte Schwangerschaft, ungewollte Kinderlosigkeit, Verlust oder Demenz. All das passiert aber wie nebenbei und vermischt sich wunderbar mit ein paar eher witzigen oder absurden Begebenheiten.

Für mich war „Kleine Schwester“ ein toller Roman, der definitiv eine Empfehlung wert ist!