Rezension

Wenn der Vater mit dem Sohn in China Schuhe produzieren will ...

Im Reich der Schuhe -

Im Reich der Schuhe
von Spencer Wise

Bewertet mit 2 Sternen

Die Cohens, Nachkommen russischer Juden, produzieren seit Generationen Schuhe, in den letzten 20 Jahren im Süden Chinas. Der starrsinnige Fedor gründete dort unmittelbar nach Richard Nixons Pingpong-Diplomatie eine Fabrik für Lederschuhe und -stiefel. Damals war das nur gemeinsam mit einem einheimischen Joint-Venture-Partner möglich, der sich seine Unterstützung natürlich gut bezahlen ließ. Spencer Wise sollte das wissen. Mitte der 90er kommt Fedors 25-jähriger Sohn Alex nach Foshan, um ins Unternehmen „Tiger Step“ einzusteigen. Den in den USA erzogenen und von der Mutter verwöhnten „Mister junger Cohen“ hält Vater Fedor für viel zu verweichlicht für das Arbeitsleben. Alex verfügt offenbar weder über Kenntnis chinesischer Sitten noch über Kompetenzen zur Leitung einer Fabrik. In welchem Unternehmensbereich der Junior und Icherzähler des Romans zukünftig Verantwortung übernehmen wird, bleibt lange unausgesprochen. Verwunderlich; denn  er hat beim Vater und Großvater von der Pieke auf gelernt und zeigt Talent für Modellentwicklung. Dass Vater und Sohn vor ihrem Generations- und Übernahmekonflikt kneifen, ist nicht zu übersehen.

Noch ehe er ins Unternehmen eingearbeitet ist, wird Alex durch die Pekingerin Yvy auf ein Problem einer jungen Fabrikarbeiterin bei "Tiger Step" aufmerksam. Für eine Arbeiterin wirkt die 10 Jahre ältere Yvy zu gebildet und ihr Hochchinesisch macht sie im Süden Chinas nicht glaubwürdiger. Offensichtlich testosterongesteuert tappt Alex Ivy nach, tritt in jedes sich bietende interkulturelle Fettnäpfchen und scheint sich immer weiter von der nötigen Auseinandersetzung mit seinem Vater zu entfernen. Schließlich stellt Gang, Cohens einheimischer Joint-Venture-Partner, den jungen Cohen vor vollendete Tatsachen. Bei „Tiger Step“ bereitet eine radikale Bewegung eine Protestaktion gegen die Arbeitsbedingungen vor – und Alex kennt die Hinterleute nur zu gut. Gang will von Alex die Namen der Aktivisten haben; denn es ist sein Profit, den er in der Phantasie schon den Perlfluss hinab schwimmen sieht, wenn die Vorgänge in der Schuhfabrik öffentlich bekannt werden. Viel zu spät erst kann Alex zeigen, dass er doch etwas mehr als Sex im Kopf hat.

Alex Cohens langwieriger Umweg über die Arbeitsbedingungen junger Fabrikarbeiterinnen in China, um sich endlich mit seinem Vater und seinem Jüdischsein auseinanderzusetzen, war für mich eine Qual zu lesen, weil  Vater und Sohn jeder auf seine Art wie arrogante, lüsterne Trottel wirkten. Mag sein, dass jüdische Amerikaner darüber schmunzeln können. Unrealistische Exkurse in einem durchaus realistischen Plot, Wises unbedarft als Retter chinesischer Arbeiterinnen in einer fremden Kultur herumtappender Icherzähler, Logiklöcher, Perspektivfehler und uninspirierte Sexszenen fand ich in dieser Massierung einfach nur qualvoll zu lesen. Eine unbedarfte Figur wie Alex als Icherzähler war für Wise als Debütautor offensichtlich eine schlechte Wahl.